Auge um Auge - und die ganze Welt wird blind sein. Unser Review zu Naughty Dog's neuesten PS4-Spiel: The Last of Us Part 2.
Manuel: Every shooting star you see at night is a racer falling off rainbow road.
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Am 18. Juni 2020 ist mit The Last of Us 2 bzw. The Last of Us Part II die lang erwartete Fortsetzung des Meisterwerks des Action-Adventure und Survival Horror Titels The Last of Us aus dem Jahre 2013 endlich für die PlayStation 4 (PS4) erschienen.
The Last of Us, ein Meilenstein, der der Welt gezeigt hat, dass ein Videospiel mehr als nur Unterhaltung sein kann und eine mit Herz und Emotionen gefüllte, tiefgehende, bedeutsame Geschichte erzählen kann. Und uns dabei vor schwierige Entscheidungen stellt, mit all den Konsequenzen, die das Leben und wie in diesem Fall ein zweiter Teil mit sich bringt. Die Fortsetzung wurde ebenso von Naughty Dog entwickelt und von Sony Interactive Entertainment herausgebracht. Ob „Part 2“ die vielleicht unmögliche Mammutaufgabe schafft, an den ersten Teil anzuknüpfen, erfährt ihr in unserer Review.
Das Setting von The Last of Us 2 spielt natürlich wieder in den USA. Ellie und Joel hatten in Jackson, Wyoming, ein Zuhause gefunden. Wir erfahren wo und wie Ziehtochter und Ziehvater die letzten fünf Jahre, seit den Ereignissen des ersten Teils, verbracht haben. Beide konnten ein halbwegs normales Leben, mit vielen anderen Überlebenden, in einer „gestorbenen Welt“ führen. Ellie ist mittlerweile erwachsen geworden. Aufgrund eines schrecklichen Vorfalles zieht es die junge Frau wieder weg von ihrem sicheren Zuhause, hinaus in die gefährliche Freiheit in der man nichts anderes als den Tod findet.
War die dystopische Zukunft damals in The Last of Us für uns sehr weit entfernt, können wir uns viele der Szenarien aus dieser traurigen Welt seit heuer leider schon deutlicher ausmalen. Neben dem eigentlichen Problem einer Pandemie, folgen Hand in Hand auch menschliche Abgründe. The Last of Us 2 zwingt einen, auf sehr grobe und beklemmende Weise, sich selbst mit moralischen Fragen zu konfrontieren. Diese Fragen graben so tief, bis man an der Kernfrage, ob man in der Geschichte eigentlich Protagonist oder Antagonist ist, zu zerbrechen droht.
In einer Welt in der Moral schon lange ein Fremdwort geworden ist, lässt man sich leicht von einer Todsünde leiten. Und wer sich auf dem Pfad der Rache befindet, der schaufle gleich zwei Gräber. Die wahren Monster in dieser Welt sind nicht die infizierten, sondern die noch gesunden Menschen. Trotz all dem Leid entdeckt man in dem Scherbenhaufen mehrerer Tragödien ganz unverhofft und selten doch noch so etwas wie Empathie zwischen Todfeinden. Was in all der Dunkelheit etwas Hoffnung gibt. The Last of Us 2 zeichnet kein schwarzes und weißes Bild, sondern ein riesiges Gemälde mit unzähligen Grautönen.
Beginnt man das Spiel triggert einen sofort die vertraute Steuerung des Vorgängers. Sie versetzt uns sofort zurück in das Jahr 2013 und die „Muscle memory“ in unseren Fingern setzt ein. In The Last of Us 2 erforscht man von Anfang an spielerisch die großzügigen Umgebungen und kann gleichzeitig den Konversationen mit Charakteren, die einen zeitweise begleiten, folgen. Man bekommt dabei ein Open-World-Feeling, da das Spiel einem oft freie Hand lässt wie und wo man hingeht, was uns am Ende trotzdem immer zum Ziel führt. Natürlich gibt es auch unzählige, versteckte Orte zu entdecken, die uns mit zusätzlichen Zwischensequenzen belohnen. Die Handlung schreitet dabei in einem Tempo voran, ohne, dass etwas zu schnell geht oder andererseits langweilig werden würde. Selten haben wir so eine Motivation gehabt, ein Spiel immer weiterzuspielen.
In den Ruinenstädten findet man überall Briefe, deren Inhalte uns das Grauen, welches die Menschen in den letzten Dekaden erfahren mussten, nur erahnen lassen. Eine sehr detailreiche Welt in der die Handlung richtig atmen kann. Das Erforschen von verlassenen Siedlungen, Stadtteilen und Gebäuden geht in harmonischer Ruhe von statten, die man auch benötigt, da diese verdächtige Stille oft in unvorhergesehen und sehr nervenaufreibenden Überlebenskämpfen gegen Infizierte oder Menschen münden wird.
Man kann wie im Vorgänger die Position der Feinde ermitteln, indem man diese belauscht und muss sich dann entscheiden, ob man um die Gegner herumschleicht, diese leise einen nach dem anderen ausschaltet oder direkt in den Angriff übergeht. Die Kämpfe selber sind extrem spannend und todernst, da der Ausgang meist ungewiss ist. Die Monster sind aus dem Stoff gemacht aus dem Albträume sind. Menschen als Gegner stellen sogar ein noch größeres Problem dar. Eine Konfrontation zwischen allen drei Lagern lässt das klassische Half-Life-Feeling wieder aufleben.
Auch eine neue Sorte von Monstern, genannt „Shambler“ und Hunde, die uns riechen können, machen uns das bereits schwere Leben, noch schwieriger. Dazu sei gesagt, dass es keine automatische Selbstheilung gibt und Munition ein seltenes Gut ist. Es sollte also sehr viel gesammelt und sparsam mit den Ressourcen umgegangen werden. Man muss Medi-Kits und manche Waffen selber herstellen und kann mit der Zeit die eigenen Skills und Waffen aufrüsten. Mittels spielbaren Erinnerungen, aber auch Träumen und Albträumen entfaltet sich die ganze Geschichte von The Last of Us 2 immer mehr und man bekommt so alle fehlende Puzzlestücke über die Freuden, Trauer und Ängste der Charaktere, sodass man eine gewisse Empathie und Bindung zu diesen entwickelt. Grandios.
Während des ganzen Spieles fühlt sich alles so wie Urban Exploring im Berliner Spreepark an. Die Natur erobert sich ihre Umwelt zurück. Grausam und schön. Überhaupt grafisch eines der schönsten Videospiele welches wir bis dato ansehen durften. Das Spiel von Licht und Schatten, wie zum Beispiel durch Lichtkegel Monster in dunklen Gängen entdecken. Die Oberflächen wie Kleidung und Haut die je nach Witterung anders aussehen und vor allem die glanzvollen Augen die uns Emotionen der Charaktere verraten. Die Physik im Kampfgeschehen ist so gut angepasst, dass man den Eindruck bekommt, dass sie sich nie wiederholen würde. Auch Wälder und echte Städte wurden detailgetreu eingefangen und für die Welt von The Last of Us 2 nachgebaut. Am Ende jeder Konsolen-Ära wusste man schon immer wie man das Beste aus der jeweiligen Technik rausholen kann. Hier erleben wir die PlayStation 4 (PS4) auf ihrem Höhepunkt.
Musik wird in The Last of Us 2 selten, aber effektiv eingesetzt. In gottverlassenen Orten hört man natürlich nichts, außer die Natur. Dafür entwickelt man ein Gespür für die leisesten Geräusche die irgendwo sind wo sie nicht sein sollten und ist sofort alarmiert. Die Schreie der Infizierten erschüttern uns bis ins Knochenmark und lassen uns instinktiv flüchten oder, wenn wir mutig genug sind, sie von ihrem Leid erlösen.
Vieles was gesprochen wird und unwichtig wirkt, hat im späteren Verlauf des Spieles Relevanz. Es rentiert sich also genau zuzuhören. Die deutsche Synchronisation ist gelungen, kann aber natürlich nie mit den originalen Sprechern wie beispielsweise Joels texanischen Slang mithalten. Muss sie auch nicht.
Was uns das Naughty Dog-Spiel, neben den moralischen Fragen des „Menschseins“, lehrt, ist Gitarre spielen. Sollte man irgendwo eine verlassene Gitarre vorfinden, so kann in aller Ruhe geübt werden. Es ist aber kein einfaches Herumklimpern, sondern es können wie in echt verschiedenste Akkordprogressionen gespielt werden. Die Finger der Schlaghand folgen synchron dem Anschlagen oder gar Zupfen des Touchpads des Controllers. So können hier theoretisch nicht nur Balladen sondern vielleicht sogar Welthits entstehen.
Zwei zu The Last of Us 2 immer wieder in (amerikanischen) Reviews aufkommende Kritikpunkte sind die darin vorkommende Brutalität und die Sexualität. Könnte das Spiel ohne diese auskommen und wäre immer noch ein Meisterwerk? Definitiv! Es benötigt hierfür beides nicht. Die Brutalität spiegelt offensichtlich die verrohte Welt, in der die Menschen seit Dekaden überleben müssen, wider. Die Sexualität ist wie im echten Leben: vorhanden und divers. Sie tut aber im Spiel selber wie auch in anderen Spielen nichts zur Sache. Gäbe man diesen zwei Umständen zu viel Gewicht, würde man das Wesentliche ignorieren: Nämlich das Spiel selber und seine unglaubliche und facettenreiche Story. So würde man sich dem Erlebnis eines der größten Spieletitel aller Zeiten verschließen.
Hätte The Last of Us (2013) eine Fortsetzung gebraucht? Nein. Haben wir uns trotzdem eine Fortsetzung gewünscht? Ja. Hat uns dabei die Angst begleitet, dass The Last of Us 2 dem ersten Teil nicht gerecht werden kann? Und wie! Aber genau diese Angst können wir euch nehmen. Viele Kritikpunkte die wir während des Spielens hatten, haben sich bis zum Ende des Spieles sogar aufgelöst. Hier wird eine tiefsinnige Geschichte über die Abgründe der Menschheit in allen Facetten erzählt, bei welcher man auch etwas Neues über sich selber erfahren kann, wenn man es zulässt. Es ist als ob man gerade seinen Lieblingsfilm entdeckt hat und über dessen Inhalt man sehr, sehr lange nachdenken muss und noch viel mehr darüber reden will. Ein wahres Meisterwerk!
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Wenn ihr euch fragt, wie lange die Installation der Box-Version dauert, dann solltet ihr euch diesen Guide-Artikel von uns durchlesen. Alle Kapitel findet ihr hier.
Falls ihr den Titel nicht zu Ende gespielt habt, könnt ihr die Handlung in einem Unter-2-Minuten-Video auf YouTube anschauen.
Übrigens Naughty Dog deutete bereits eine Fortsetzung an.
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