Spieletest: Valkyria Chronicles 4

Zurück zur etablierten Formel

Nachdem Sega mit Valkyria Revolution einen Bruch im Gameplay gewagt hat, der eher mäßig gelang, kehrt Valkyria Chronicles 4 wieder zurück zu den Wurzeln der Reihe. Moment, 4?

Nach Teil 1 wanderte die Serie auf die PSP und während Teil 2 noch bei uns erhältlich war, hat es Teil 3 nie in den Westen geschafft. Laut Sega waren die Verkaufszahlen zu gering. Ambitionierte Fans allerdings haben diesen Teil mühsam übersetzt und damit wahrscheinlich Segas erneutes Interesse geweckt. Dass dann erstmal ein Spinoff folgte, war denkbar ungünstig. Umso besser, dass wir jetzt endlich Valkyria Chronicles 4 in Händen halten können.

Willkommen zurück

Valkyria Chronicles 4 fühlt sich sofort vertraut an. Die Geschichte spielt im gleichen Krieg, wie die Vorgänger. Anders als in Teil 1 kämpft man diesmal aber nicht für das neutrale Fürstentum Gallia, sondern als Teil der kriegsgebeutelten Atlantischen Föderation. Erzählt wird die Geschichte, auch ähnlich des ersten Teils, aus Sicht eines jungen Kommandanten, Claude Wallace, der sich das Ansehen seiner Einheit, des Squad E, erst verdienen muss.

Das Spiel kommt schnell zum Punkt. Die Föderation steht unter immer größerem Druck und hat nur noch eine letzte Chance, die übermächtige Imperiale Allianz zu stoppen. Ein Angriff auf ihre Hauptstadt unter dem Namen Operation Nordkreuz. Und das Squad E ist zur Vorhut auserkoren worden.

Die Geschichte wird dabei ein wenig aufgeteilt. In den Hauptmissionen spielt ihr die Kampagne des Squad E in der Operation Nordkreuz. Alle Schlachten, die damit verbunden sind und Episoden, Cuscenes in denen euch die Story erzählt wird, schalten sich hier beim Spielen kontinuierlich frei. Dann gibt es die sogenannten Zwischenspiele. Diese passieren zwischen den Kapiteln und gewähren Einblicke in die Hintergrundgeschichte des Squads, insbesondere der Hauptcharaktere. Dazu kommen noch Truppengeschichten. Diese sind komplett optional und werden auch nur freigeschaltet, wenn man kontinuierlich Charaktere im Squad kombiniert, die einander mögen.

Never change a running system

Für diejenigen unter euch, die Valkyria Chronicles gespielt haben, bietet das System keine großen Neuerungen. Die Geschichte ist in Kapiteln erzählt, in denen ihr jeweils die einzelnen Schlachten spielt. Cutscenes, Episoden genannt, erzählen euch dabei den Verlauf der Geschichte. Der Ausgangsbildschirm dafür ist ein Buch, das Tagebuch des Protagonisten, das als Menü dient. Hier habt ihr auch alle zu erwartenden Menüoptionen zur Verfügung. Ein schöner Bonus ist, dass man den Schwierigkeitsgrad während des Spiels ändern kann. Nach dem ersten Kapitel erhaltet ihr dann die volle Bandbreite an Optionen. Scharmützel, also Kämpfe, die nicht zur Geschichte beitragen, sondern nur dem Gewinn von Erfahrungspunkten und Währung für Ausrüstungsupgrades dienen, sowie das Hauptquartier.

Das Hauptquartier ist sein eigenes Menü. Anstatt des Buches seht ihr ein Feldlager im Hintergrund und habt eine Reihe von neuen Optionen. Hier könnt ihr eure Truppen organisieren, Ausrüstung upgraden und die einzelnen Klassen upgraden. In der Kantine bieten sich Gesprächsoptionen mit einzelnen Charakteren und in den Privatquartieren bekommt ihr eine Übersicht über alles bisher geschehene. Sowohl eure eigenen Statistiken, als auch Hintergrundinformationen zur Welt finden sich hier.

Aber auch auf dem Schlachtfeld gibt es keine großen Änderungen. Nach wie vor besteht eure Truppe aus einem Roster an Charakteren jeder Klasse und  pro Mission könnt ihr nur eine bestimmte Zahl ins Feld schicken. Welche Klasse sinnvoll ist und wie viele davon, obliegt dabei komplett euch. Grundsätzlich befindet sich dabei die Hafen auf dem Feld. Der Panzer, in dem sich auch der Protagonist befindet. Bei den Klassen stehen euch zu Beginn der Aufklärer, der Stoßtrupp, Scharfschützen, Lanciere und Pioniere zur Verfügung. Über den Verlauf des Spiels erweitert sich die Auswahl aber noch.

In den Schlachten wird mit dem vertrauten, rundenbasierten System gearbeitet. Ihr habt Kommandopunkte (KP), die je eine Aktion mit einer Einheit ermöglichen. Diese könnt ihr im Kommandomodus, in dem ihr die Karte des Schlachtfelds, sowie die Position eurer Einheit seht, für Aktionen einsetzen. Ihr könnt pro Runde alle KP ausgeben und erhaltet sie zu Beginn der nächsten wieder. Genauso könnt ihr Runden vorzeitig beenden, um die KP in die nächste Runde zu übernehmen. Hier findet sich auch eine der wesentlichen Änderungen, denn Aktionen mit dem Panzer kosten nur noch einen KP statt zwei.

Habt ihr einen Charakter für eine Aktion ausgewählt, steuert ihr diesen direkt. Ihr könnt euch im Rahmen des Aktionsbalkens bewegen. Ist dieser leer, bleibt ihr bis zum Ende der Aktion stehen. Pro Aktion könnt ihr auch einmal eine Anwendung tätigen. Sei es, auf einen Feind schießen, eine Granate werfen, heilen oder was der jeweiligen Einheit zur Verfügung steht. Mit Y Wechselt ihr durch die Waffen und Objekte, die euch dafür zur Verfügung stehen. Ihr könnt Charaktere auch pro Runde beliebig oft für eine Aktion auswählen. Allerdings reduziert sich ihre maximale Laufweite mit jeder Aktion und ihr habt für einige Anwendungen nur begrenzte Ressourcen. Mit dem Pionier könnt ihr eure Einheiten mit Ressourcen versorgen, wenn ihr an ihnen vorbeilauft. Das passiert passiv und kostet euch keine Anwendung für die Aktion.

Weiterhin könnt ihr für den Einsatz von KP auch Befehle erteilen, beispielsweise Sanitäter anfragen, die sich um verletzte Einheiten kümmern. Diese werden auch durch das Aufleveln der Einheiten freigeschaltet, wodurch ihr klassenspezifische Befehle erteilen könnt. Dazu kommen noch Charaktereigenschaften, die entsprechend der Wesenszüge der einzelnen Charaktere auslösen. Dies können positive oder negative Effekte sein. So kann sich beispielsweise die Zielgenauigkeit eines Charakters erhöhen, wenn er sich in der Nähe einer Einheit befindet, die er mag.

Auch das Schießen unterliegt eurer Kontrolle, mehr oder weniger. Ihr dürft selbst zielen und abdrücken, ein roter Kreis um euer Fadenkreuz ist dabei ein Indikator, inwieweit der Schuss streuen kann. Ich hab mich selbst leicht in X-Com-eskem Frust ertappt, als der Kopf eines Gegners genau im Fadenkreuz meines Scharfschützen lag und der Kreis auch sehr eng darum geschnürt war, der Schuss aber natürlich verfehlte. Ich fühlte mich an die guten Prozentzahlen aus X-Com erinnert, denen man irgendwann einfach nicht mehr trauen kann. Alles in allem, passiert das aber relativ selten und es passt in dem Maß, in dem es passiert, auch ins Geschehen. Außerdem gibt es dafür ja auch das Levelsystem, sowie die Waffenupgrades.

Reicht eine etablierte Formel aus?

Aus diversen Gründen will ich sagen ja. Wir reden hier nicht von einem Spiel, dass jährlich einen Nachfolger bekommt. Der letzte Teil der Reihe, der offiziell bei uns erhältlich war, war Valkyria Chronicles 2. Und das ist 2010 erschienen. Es sind also bereits acht Jahre vergangen. Des Weiteren ist die Formel des Spiels, vielleicht da es sich doch sichtbar vom Markt abheben kann, nicht überholt. Die Mischung aus taktischer Planung in einem rundenbasierten System und aktivem Spiel durch das direkte Steuern der Einheiten hat seinen Reiz nicht verloren.

Die Mechaniken waren außerdem bereits im ersten Titel ausgereift. Ein bisschen Feintuning hier und da reicht, um auch heute noch ein angenehmes Spielerlebnis zu bieten. Ein paar Anpassungen im Userinterface, ein bisschen Balancing und es funktioniert.

Auch der Artstyle brauchte keine großartige Neuerung. Klar, Detailgrad, Kantenglättung und dergleichen wurden auf Current Gen Niveau gebracht und es sieht deutlich sauberer aus, als im ersten Teil. Die Seele des Stils aber liegt in der sogenannten CANVAS Engine, die dem Spiel einen künsterlischen Touch verleiht. Wie Sega es selbst beschreibt, soll es das Gefühl eines Aquarellgemäldes wiedergeben. Mit leicht unscharfen Umrissen und Schraffierungen, wie mit Farbstiften gezeichnet. Nicht nur gelingt dies meiner Meinung nach hervorragend, es passt auch wunderbar ins Setting, spielt Valkyria Chronicles 4 doch in einem fiktionalen 1935. Es gibt dem Spiel diesen Charme jener Zeit, ein gewisses nostalgisches Gefühl und das obwohl das Spiel im Krieg stattfindet. Grade diese Schönheit aber vermittelt auch, wofür die Charaktere kämpfen. Grade in den ersten Missionen, die noch heimatnah für die Protagonisten sind.

Und die Protagonisten sind auch die größte Stärke des Spiels. Bereits nach dem ersten Kapitel waren sie mir sympathisch. Claude Wallace, der Spielercharakter, insbesondere. Seine Sorge um seinen Trupp, seine idealistische Hoffnung, niemanden fallen zu lassen und gleichzeitig die sehr menschlichen Probleme, die das mit sich bringt, machen ihn für mich sehr nahbar. Ebenso der Rest der Gruppe. Sie teilen sich eine Vergangenheit, was zu gemischten Gefühlen untereinander führt. Zwar kennen sie sich, waren aber nicht unbedingt beste Freunde. All die Wesenszüge, die sie haben, ihre Stärken und Schwächen, werden in ihren Geschichten glaubhaft gemacht. Und die Entwicklung, die sie über die Kampagne erleben, vollendet die Erzählung.

Unterstrichen wird das ganze vom Soundtrack, der ebenso malerisch in den Sequenzen, wie ernst auf dem Schlachtfeld ist und die Stimmung sehr gut wiedergibt. Alles in allem ist die Präsentation des Spiels mehr als gelungen und beweist, dass ein gutes Grundkonzept nicht zwingend große Neuerungen braucht, um nochmal zu funktionieren.

Zum Schluss noch der technische Aspekt. Da dieser Test sich die Switch Version vorgenommen hat, ist natürlich die Frage, wie gut das Spiel darauf läuft, grade im Vergleich zur PS4 und PC Version. Und ich kann mich absolut nicht beklagen. Sowohl im Handheldmodus als auch im Dock läuft das Spiel flüssig und von grafischen Einbußen merke ich nicht groß etwas. Auch auf dem kleinen Bildschirm der Switch ließ sich das Spiel einwandfrei spielen und ich hatte keine Probleme mit der Übersicht. Die Steuerung ist ebenfalls kein Problem, da die Joy-Cons ähnlich belegt sind, wie der PS4 Controller. Kurzum, technisch ist die Switch-Version in meinem Test einwandfrei gelaufen.

Fazit

Valkyria Chronicles 4 ist ein gelungener Eintrag in die Reihe und rückt sie auch in das verdiente Rampenlicht, das es seiner Zeit als Nischentitel nicht genießen konnte. Die bewährte Formel im Gameplay funktioniert immer noch einwandfrei und sorgt für ein anspruchsvolles Strategieerlebnis, das von einer starken Story mit lebendigen und nahbaren Charakteren getragen wird. Untermalt von dem wunderschönen Artstyle und dem passenden Soundtrack ist Valkyria Chronicles 4 ein großartiges Paket und ein gutes Beispiel für “Never Change a Running System”.

ReviewWertung

9SCORE

Die bewährte Formel im Gameplay funktioniert immer noch einwandfrei und sorgt für ein anspruchsvolles Strategieerlebnis

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