Eines der größten Games der letzten Jahre gepaart mit einem Online Modus der ebenso groß gescheitert ist.
Sinan Huemer: Ich bin der Beweis, dass man durch zu viel Fernsehen und Videospiele nicht brutal wird. Man wird nervig. Fragt jeden der mir zuhören muss.
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Red Dead Redemption 2 zählt zu den Games die ich ohne zu zögern als ein Meisterwerk bezeichne. Nicht nur hat es eine liebe für Details an den Tag gelegt die bis Dato unerreicht war. Sondern unzählige Möglichkeiten geliefert um sich mit Arthur Morgan in der Welt von Rockstars neuem Kunststück zu verlieren. Ob man sich nun mit Pfeil und Bogen an einen Fuchs heranpirschte um ein Perfektes Fell für den Trapper zu sammeln, man sich Duelle lieferte mit jemandem den man im Saloon angepöbelt hat, oder einfach durch die Prärie ritt um den ästhetisch atemberaubenden Wetterwechsel zu genießen. Wie kann Red Dead Online da schief gehen? Sagt euch die Titanic was?
Als Red Dead Redemption 2 angekündigt wurde, waren die Spieler aus dem Häuschen. Der Hype-Train fuhr los und hatte tausende Passagiere. Ich war keiner davon. Denn ich kannte den ersten Teil dieses Games nicht und verstand also auch nicht die Begeisterung. Es waren die Artikel über das Game, die Mechaniken, die Möglichkeiten und das immersive Erlebnis, dass mich letztlich so neugierig machte. Ich wollte es haben. In meinem Freundeskreis machte es schnell die Runde und so waren wir bald eine stolze Gruppe die sich in den Story Modus wagte. Denn es hieß schon da „Ein Online Multiplayer wird kommen!“ und nach nur wenigen Stunden im Solo-Game war klar… Das ist absolut EPISCH.
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Wie viele Stunden ich in Red Dead Redemption verbrachte kann ich nicht sagen. Vermutlich sind wir im dreistelligen Bereich. Denn es vergingen Tage und sogar Wochen in denen ich die Hauptmissionen ignoriert habe, weil ich zu beschäftigt war mit Side-Quests oder einfach nur mit der Jagd. Aber als ich mich dann doch wieder auf die Story konzentrierte und dieses epische Meisterwerk zum Ende von Akt 6 spielte. Legte ich den Controller zur Seite. Es folgte ein weiteres Kapitel dass ich spielen sollte. Der Epilog. Aber ich konnte es nicht. Die Geschichte die Rockstar hier erzählt hat, hatte mich mehr bewegt und mitgerissen als es manche Kinofilme schafften. Und weltweit wurde das Ende von Red Dead Redemption zu einem Emotionalen Phänomen. Die live Mitschnitte von Streamern, denen es genauso ging wie mir, sind ein weiterer Beweis für die packende Geschichte dieses Spiels.
Gespannt wartete ich also auf den Multiplayer. Endlich mit meinen Freunden zusammen aufsatteln und durch die Prärie reiten. Ganoven jagen. Züge und Banken überfallen. „Killed by hier Spielernamen einsetzen„. Im ersten Moment wundert man sich natürlich. Aber man hat ja schließlich GTA V gespielt und weiß dass der Online Multiplayer gerne dafür genutzt wird dass man … „Killed by hier Spielernamen einsetzen“ Na gut. Der Spieler scheint recht gut zu sein. Ich reite also raus aus der Stadt und will Online einfach mal jagen gehen „Killed by hier Spielernamen einsetzen“ Und hier beginnt der Sturz von Red Dead Online. Rockstar hat übereilt einen Multiplayer geliefert weil dieser viel zu früh angekündigt wurde und man wollte so die Spielerschafft so schnell wie möglich zufriedenstellen.
Der Online Modus ist gestartet und es fehlten Kernelemente des Spiels in die sich Gamer wie ich verliebt hatten. Es war eine sehr begrenzte Anzahl an Missionen zu finden und auch Spontane Events mit Bürgern waren seltener als Gold geworden. Man hatte einige wenige Pferderennen zur Verfügung welche sich aber sehr schnell ermüdeten, da alle interessanten Pferde erst ab einem gewaltigen Level und gegen jede Menge Gold zum Kauf standen. Was also sollten wir online tun? In ein Deathmatch brauchte man nicht extra eintreten… es genügte nach Valentine oder Blackwater zu spazieren. Denn es war gewiss dass dort Spieler darauf warteten dich hinter einer Deckung heraus oder kaltblütig von hinten abzuknallen. Sich dagegen wehren? Unmöglich. Da Rockstar übersehen hatte einen Passiv-Modus zu programmieren wie in GTA Online, für die Spieler die nicht des PvPs wegen gekommen sind.
Keine Missionen, keine Aufgaben, nichts als gähnende Leere und die Möglichkeit sich durch Jagen und Fischen wenigstens etwas Geld zu verdienen. Die Spieler wurden unrund. So auch ich. Es musste doch irgendwann etwas nach kommen. Sie hätten uns wenigstens die Chance geben können zusammen zu Pokern. Ein Banküberfall? Irgendwas? Monate vergingen in denen sich Spieler aus der ganzen Welt, flehend an Rockstar wendeten. Über Twitter, Reddit und Facebook wurde der Aufschrei nach Content immer größer. Die Server wurden leerer. Die Community wendete sich ab von Red Dead Online. Denn während sie warten und warten, sieht man für GTA Online nahezu jedes Monat neues Material erscheinen. Man sieht wo die Prioritäten liegen.
Die Public Beta von Red Dead Online startete im November 2018. Das erste Update mit zusätzlichen Missionen und Aktivitäten wie auch Poker, kam im Mai 2019. Der erste vollwertige Beruf, also eine Aufgabe die einen Spieler tatsächlich länger beschäftigen und herausfordern würde, kam erst im September 2019. Fast ein Jahr nachdem Spieler die Luft in Red Dead Online schnuppern durften. Das PvP Problem bleibt bis heute bestehen, da man trotz des neu eingeführten Passiv-Modus in der Lage ist, Spieler mit Sprengstoff zu erledigen. Es ist ein Desaster und eine der größten Enttäuschungen. Ja ich habe mich wieder in den Sattel gesetzt als die neuen „Jobs“ implementiert wurden. Ich habe jeden einzelnen auf Max-Level gebracht und fand die Berufe wirklich genial gewählt. Sie brachten Abwechslung in den Cowboy Alltag und sogar Möglichkeiten Freunde einzubinden. Aber wisst ihr was? Es fühlte sich nicht mehr so gut an. Die Euphorie. Das herrliche Gefühl dieses Spiel zu spielen. Es war weg. Zu lange haben wir gewartet, dass aus diesem Online Modus das wird, was die Spieler von Rockstar erwartet haben.
Zu lange… und es kam einfach zu wenig.
Bild-Credits: Rockstar Games
Update im August 2022: Red Dead Online ist mittlerweile schon so kaputt, dass sogar NPCs das Spielfeld räumen.