Die Bundeskommunikationskommission in Amerika setzt sich für eine Abschaffung von TikTok ein. Doch wie gefährlich ist die App?
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TikTok ist eine App, die mittlerweile populärer als YouTube ist und täglich von Millionen von Kindern und Jugendlichen auf der gesamten Welt genutzt wird. Das sind die Fakten auf dem Papier. Eigentlich nichts besonderes, oder? Und dennoch lassen sich die Inhalte und der Reiz der Applikation kaum noch nachvollziehen, hat man erst eine bestimmte Altersgrenze überschritten.
Leichtbekleidete Frauen undefinierbaren Alters, die in anreizenden Posen komische Tänze vollführen. Populäre Songs, die in hohen, kaum wiederzuerkennenden Chipmunksstimmen abstrahiert werden. Willkürlich gewählte Zitate aus Filmen, Serien, Nachrichtenmeldungen oder Interviews, die im Hintergrund laufen, während man selbst marionettenhaft die Lippen dazu bewegt. Dabei immer bedacht darauf, dass das Video selbst nur wenige Sekunden dauert. Länger reicht dann wohl die Aufmerksamkeit nicht.
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Für einen Außenstehenden, der das zarte Alter von 16 Jahren schon überschritten hat, wirkt TikTok wie ein verrückter Haufen von gewolltem Chaos. Eine Plattform von Kindern und Jugendlichen, für Kinder und Jugendliche. Dass das durchaus auch kritisch betrachtet werden muss, ist hinlänglich bekannt. Nicht umsonst beäugt die amerikanische Bundeskommunikationskommission (FCC) die App seit geraumer Zeit misstrauisch. Brendan Carr, Kommissar der FCC, hat nun sogar in einem Tweet an die Apple- und Google-Chefs an eine gänzliche Verbannung der App aus Amerika appelliert.
TikTok is not just another video app.
That’s the sheep’s clothing.It harvests swaths of sensitive data that new reports show are being accessed in Beijing.
I’ve called on @Apple & @Google to remove TikTok from their app stores for its pattern of surreptitious data practices. pic.twitter.com/Le01fBpNjn
— Brendan Carr (@BrendanCarrFCC) June 28, 2022
In seinem Appel nannte Carr die zwielichtige Intransparenz des Unternehmens im Hinblick auf die Nutzung der Kundeninformationen. Die App soll Daten sammeln, die dann wiederum auch von China Verwendung finden. Für welche Gründe ist unklar. Während das natürlich ein triftiger Grund ist, geht in der Debatte um die Sicherheit der App etwas Entscheidendes verloren: Die seelische Gesundheit der Nutzer und Nutzerinnen.
Neue Technologien, werden immer auch mit viel Misstrauen betrachtet. Wer hätte beispielsweise vor 30 Jahren gedacht, dass sich kleine rechenfähige Computer, die wir in der Hosentasche tragen und Brillen, mit denen wir in virtuelle Realitäten abtauchen können, durchsetzen? Doch TikTok ist viel mehr als ein Trend. Die App stellt die kulminierte Gesamtheit der Entwicklungen im Bereich der sozialen Medien der letzten Jahre dar.
Sie ist soziale Plattform, Video- und Fotoalbum, Vernetzungsapparat, Werbeplattform. Memegenerator, PR-Agentur, Partnerbörse, Arbeitsplatz und Therapieort in einem. Während soziale Netzwerke wie Facebook mittlerweile digitale Friedhöfe sind, die nur noch von wütenden Karens und Corona-Schwurblern bevölkert werden, ist TikTok bei den kleinsten Mitgliedern der Gesellschaft untrennbar in den Alltag integriert.
in jungen Jahren stellt die App ein Fenster zu einer größeren Welt dar, in der man zu jeder Zeit, für alles und jeden sichtbar ist. Sie stehen in der Auslage. Sind zugleich sowohl darstellende Z-Promis, als auch die eigene vermarktende PR-Agentur. Die tatsächliche Welt ist so nur noch eine Vorlage für Inhalte in der virtuellen Welt. Das reicht vom meditativen “Gumo“ am Morgen, bis hin zur obligatorischen Stellungnahme zu den neusten politischen Entwicklungen am Abend.
Leistungsdruck, Selbstzweifel und gestörte Persönlichkeitswahrnehmungen als Resultate davon, nimmt man in Kauf. Viel zu groß wären die Konsequenzen, würde man sich aus dem digitalen Leben abkapseln. Dann könnte man genau so gut die Freundschaftsanfrage seiner Mutter auf Facebook akzeptieren. Denn der soziale Abstieg hätte begonnen. Apps wie TikTok, die von einem KI-Algorithmus kuratiert werden, sind viel indes abhängig von der ständigen Hingabe zu neuen Trends und Darstellungsformen.
Passt man in kein Raster, wird man ausgemustert. Individualität ist nebensächlich, ja kaum noch wünschenswert, will man die Aufmerksamkeit der künstlichen Intelligenz auf sich ziehen. Alles was man für sich macht, macht man gleichzeitig auch für die Startseiten der größtmöglichen Gruppe. Wenn Brendon Carr der Bundeskommunikationskommission also eine Abschaffung der App fordert, sollte man ihn aufhalten?
Die Antwort ist nicht ,,Ja“. Sie ist aber wohl auch kein definitives ,,Nein“, sondern liegt irgendwo dazwischen. Während Erwachsene neue Technologie oftmals schlechtreden, weil sie sie nicht verstehen, sind Plattformen wie TikTok der Lebensinhalt vieler Jugendlicher. Schwierig wird es, wenn eine Abhängigkeit entsteht. Vor allem junge Menschen, die mit dem Handy in der Hand aufgewachsen sind, haben oft nicht die Möglichkeit, sich gegen jene Mechanismen der sozialen Akzeptanz zu schützen. Wichtig hierbei wäre Aufklärung und Information. Dann können die Kids auch weiterhin ohne Probleme mit ,,Star Wars“-Stimmen sprechen und Videospielszenen nachstellen. In dem Sinne: Handy ab und zu weglegen und aus dem echten Fenster schauen!