Der erfrischend andere Blick auf die Familie des berühmten Sherlock Holmes und seine Schwester Enola.
Sinan Huemer: Ich bin der Beweis, dass man durch zu viel Fernsehen und Videospiele nicht brutal wird. Man wird nervig. Fragt jeden der mir zuhören muss.
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Ich hatte bereits zu Zeiten der ersten Staffel Stranger Things gesagt „Man oh man, dieses junge Mädel kann Schauspielen! Da könnten sich Erwachsene teilweise was abschauen!“ Die Rede ist natürlich von Millie Bobby Brown die Hauptdarstellerin in Enola Holmes. Sie spielt hier an der Seite von Henry Cavill (Man of Steel, Justice League) der Sherlock verkörpert, dessen kleine Schwester Enola. Das junge Fräulein ist jetzt älter und ihr Schauspiel zeigt nun sein Facettenreichtum. Aber kommen wir zunächst zur Handlung.
London 1884 und die Zeit eines wichtigen politischen Umschwungs. Sherlock Holmes ist bekannt als der größte Detektiv der je geatmet hat und sein Bruder Mycroft ist tief in die königliche Politik involviert. So ungefähr kennen wir bis Dato jedes Setting dass verfilmt wurde rund um den Namen Holmes. Ob nun die Version mit Robert Downey Jr. oder die Serie mit Benedict Cumberbatch, im wesentlichen Kern sind sie gleich. Während in der Serie uns die Schwester der Brüder Holmes mit dem Namen Euros vorgestellt und in der dritten Staffel als beeindruckende Widersacherin Sherlocks gezeigt wird. So lernen wir hier Enola kennen. Die 16 Jährige Enola Holmes. Aus wohlhabendem Hause mit einem sehr hoch angesehen Namen. Aber diese ist alles Andere als eine Hofdame.
Im Film spielt die Mutter Eudoria Holmes (gespielt von Helena Bonham Carter) einen Dreh und Angelpunkt im ganzen Geschehen. Sie ist es die Enola bewusst zu Hause erzieht um ihr nicht nur Literatur und Naturwissenschaften zu lehren, sondern auch die Affinität zum Lösen von Rätseln wie sie ihr großer Bruder Sherlock hat. Auf dem Tagesprogramm stand auch Sport (nicht zwingend draußen wie man unschwer erkennen kann), Naturkunde, Tarnung & Täuschung aber auch Nahkampf. Es sollte sich erst durch das Verschwinden der Mutter herausstellen, dass diese Enola vorbereitet hatte auf eben diesen Tag. Denn Eudoria Holmes führte etwas im Schilde. Ein Geheimnis für welches ihre Tochter noch nicht bereit war.
Hört man auf die Stimmen der Online-Foren und Fans, so wird Henry Cavills Sherlock scharf in die Kritik genommen. Er sei zu emotional, würde sich zu sehr um seine Schwester Gedanken machen, sei nicht präsent genug in dem Film. Und ja, zu einem guten Grad haben diese auch Recht. Denn Sherlock wird in so einer Form bis dato nie gezeigt. Das aber macht Enola Holmes so erfreulich erfrischend finde ich. Es geht schließlich nicht um Sherlock in diesem Film, sondern um seine kleine, sehr quirlige, dickköpfige aber unglaublich gewiefte Schwester. Und wie diese es schafft nicht nur auf eigene Faust sich durchzuschlagen, sondern mit ihren Ermittlungen sogar Sherlock eins voraus zu sein, weil sie impulsiver handelt und gerne auch mal ihr eigenes Wohl riskiert.
Millie Bobby Brown zeigt uns klar was für eine großartige Schauspielerin sie ist. Hier wechselt sie von ihrem Charakter Eleven (Elfi, Stranger Things), die sehr still und melancholisch ihren Charakter mehr durch Mimik als durch Worte trägt, in die freche und wortgewandte Enola. Charmant, amüsant und alles andere als auf den Mund gefallen. Was mich aber viel mehr gestört hatte als der in den Hintergrund gerückte Sherlock, waren die CGI Elemente. Viele der Szenen, wenn nicht sogar 90 % wurden an wunderschönen Locations gedreht. Oder zumindest wurden sehr glaubwürdige Sets dafür gebaut. Man versank im London der 1880er Jahre und auch in den ländlichen Gebieten dieser Zeit. ABER!! Es schlichen sich 3 oder 4 Szenen ein, in denen wohl keine passende Location zur Verfügung stand und man den Hintergrund, beziehungsweise das Panorama, mit dem Computer generierte. Das würde für gewöhnlich nicht stören. Wäre es nur nicht SO AUFFÄLLIG und ungeschickt gemacht worden, dass es einen in diesem Augenblick wirklich aus dem Film reißt. Diese Momente sind wirklich schade in einem sonst so stimmigen Film.
Enola Holmes hat mich positiv überrascht. In den letzten Jahren wurde vermehrt und meiner Meinung nach sehr KRAMPFHAFT versucht, weibliche Helden-Figuren zu schaffen und diese in neue Franchises zu etablieren. Während man den meisten Werken leider diesen plumpen Versuch sehr deutlich ansah, zeigten ein paar sehr gute Ausnahmen wie es richtig geht. Siehe Wonder Woman, Captain Marvel, Dracula (Netflix Serie) und nun auch Enola Holmes. Es gibt sicher noch einige mehr, jedoch würde dies den Kontext sprengen. Wir bekommen eine Heldin die uns zeigt dass es abseits der Norm (die für welche Zeit auch immer gerade gilt) durchaus Spaß machen kann sich selbst treu zu sein. Dass Erfolg erlangt werden kann, ohne jemand anderen zu imitieren oder gar sich verbiegen zu müssen. Verpackt wird dies in eine humorvolle aber durchaus action-geladene Geschichte rund um eine Verschwörung, Mordversuche und den politischen Umschwung einer Nation. Netflix hat bereits anklingen lassen, man würde über einen zweiten Teil nachdenken und Millie Bobby Brown äußerte sich zu diesem Gerücht mit dem Versprechen, sie wäre mit Vergnügen wieder dabei. Ich für meinen Teil würde mich darüber sehr freuen und ihn mir definitiv wieder ansehen. Nur bitte verzichtet auf das Computer-Panorama. Dann nehmt lieber eine hässlichere Kulisse.
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