Ninja Gaiden 4 im Test: Top Action, etwas lasche Technik
Als Hack ‘n’ Slay der alten Schule liefert Ninja Gaiden 4 motivierende Action mit dem richtigen Maß an Herausforderung. Das Level Design schwächelt aber.
Klaus KainzEin freiberuflicher Schreiber für Chronik-Themen, manchmal auch Kultur. Vor allem aber ist er faszinierter Zocker seit mehreren Jahrzehnten. Denn Resident Evil ist intensiver als jeder Horrorfilm, Bloodborne oder Metroid Prime immersiver als jeder Fantasy-Roman - und Dampf ablassen geht kaum besser als mit Streets of Rage oder Ninja Gaiden.
Bereits im Frühjahr läutete das aufpolierte Remaster namens Ninja Gaiden 2 Black ein Comeback des alten Xbox-Klassikers ein, der einst für seine knallharte Action bekannt war. Mit Ninja Gaiden 4 folgt jetzt ein gänzlich neuer Ableger. Im Getümmel der Souls-Likes ist das Revival des traditionellen Hack ‘n’ Slay-Genres eine willkommene Abwechslung, aber an die großen Hits der Serie reicht das Sequel nicht ganz heran.
Ähnlich wie beim kürzlich veröffentlichten Spin-off Ninja Gaiden Ragebound haben Microsoft und Koei Tecmo die Entwicklung geoutsourced. Das Ruder für Ninja Gaiden 4 haben nämlich die Action-Veteranen von Platinum Games übernommen, die zuvor für Konkurrenten wie Bayonetta und Metal Gear Rising zuständig waren. Das sorgt für durchaus überraschende Ergebnisse – die Details gibt’s im folgenden Review der PS5 Version.
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Worum geht’s bei Ninja Gaiden 4?
In Tokio läuft es mal wieder nicht so prickelnd, diesmal liegt der Fluch des Dunklen Drachen über der Stadt. Statt Ryu nimmt aber der Ninja-Neuling Yakumo vom feindlichen Raven Clan die Mission und muss zusammen mit Priesterin Seori und anderen Mitstreitern magische Siegel zerstören. Ryu taucht auch immer wieder auf, scheint aber andere Pläne zu verfolgen und ist nur in einer handvoll Kapitel spielbar.
Um leises Meucheln und subtiles Infiltrieren geht es bei den Ninjas von Koei Tecmo allerdings nicht. Serien-typisch besteht der Titel fast vollständig aus Gemetzel gegen schier endlose Gegnermassen, die Yakumo und Ryu auf brutalste Weise malträtieren.
Altes Gameplay mit neuen Twists
Beim grundlegenden Moveset spielt sich Yakumo ähnlich wie die Charaktere aus den Vorgängern. Die meisten Kombos bleiben gleich, darunter der Flying Swallow und der Izuna Drop, die besonders mächtigen Luftangriffe. Gestrichen wurde der Bogen, aber dafür gibt es einige neue Manöver.
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Platinum Games hat nämlich im eigenen Repertoire gekramt. Neben der normalen Abwehr besitzt Yakumo einen mit Metal Gear Rising vergleichbaren Konter, der gegnerische Hiebe durch richtig abgestimmte Gegenangriffe abwehrt. Und ähnlich wie in Bayonetta oder Nier: Automata gibt es einen Slow-Motion-Bonus, weicht man kurz vor dem Aufschlag aus.
Gänzlich neu ist der Bloodraven-Modus. Durch den Druck der Schultertaste wechseln Waffen ihre Form und können so die Abwehr durchbrechen oder gegnerische Spezialattacken blocken, was Gegner kurz betäubt. Aus dem Stab wird dann beispielsweise ein Hammer, aus dem Katana ein riesiger Säbel. Allerdings sind diese Spezialattacken durch eine Ladeleiste limitiert, die sich erst durch normale Hiebe auflädt – Haushalten ist also angesagt.
Spielspaß hat Priorität
Das klingt erstmal kompliziert, ist aber äußerst motivierend. Obwohl die Kampagne hauptsächlich daraus besteht, Tausende Gegner zu zerhacken, hält das Spiel durchgehend bei der Stange. Denn Ninja Gaiden 4 hat kein Button Mashing wie etwa das manchmal ebenfalls von Team Ninja co-entwickelte Dynasty Warriors. Feindliche Ninjas und Dämonen sind aggressiv, oft genauso flexibel wie die Spieler und geben nicht auf, selbst wenn sie Gliedmaßen verlieren.
Außerdem erzeugen die vielen verschiedenen Konter-Systeme einen motivierenden Rhythmus. Um die Kontrolle über die Gegnerhorden zu bekommen, sind alle defensiven Mechaniken gleichermaßen praktikabel und in der Hitze des Gefechts motiviert es, dynamisch auf Attacken reagieren zu können – sei es mit normalen Blocks oder doch mit Parrier- und Ausweich-Manövern. Auch die Bossgegner sind dahingehend gut balanciert und folgen keiner einzigen Gewinnstrategie.
Über das Spiel sind Dutzende Extra-Attacken sowie waffen-spezifische Kombos freischaltbar, die an die verschiedenen Spielstile anpassbar sind. Soll heißen, kommt man mit Ausweich-Kombinationen nicht klar, baut man vielleicht lieber das Blocken aus.
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Gleichzeitig motiviert das wuchtige Treffer-Feedback. Denn in Ninja Gaiden zerlegt man die Gegner wortwörtlich Stück für Stück: Blutfontänen spritzen durchgehend über den gesamten Bildschirm und für besonders brutale Finisher zoomt die Kamera dynamisch in die Action hinein. Gleichzeitig sind die Bewegungen der Charaktere flotter als in vergangenen Teilen, was zusammen mit dem vielschichtigen Gameplay ein rasantes wie anspruchsvolles Gemetzel ergibt.
Hier schwächelt Ninja Gaiden 4
Das Level Design beeindruckt leider weniger. Ursprünglich war Ninja Gaiden auf der Xbox ein Action-Adventure mit Rätseln, Hüpfpassagen und Erkundung. Die Sequels dampften das herunter, der vierte Teil ist nun gänzlich linear. Zwar gibt es kleine Abzweigungen, die Boni und Extra-Missionen verstecken. Hauptsächlich aber beinhalten die Level viele monotone Tunnel und Plattformen, die durch QTE-artige Schienenabschnitte verbunden sind.
Spielerisch sind diese Verbindungswege ziemlich seicht gestaltet und erinnern an automatisierte Abschnitte aus Sonic-Spielen, in denen gelegentlich ein Knopfdruck die geskripteten Hindernisse abwehrt. Später kommen Wasser- und Luftwege dazu, die sich aber spielerisch kaum weiterentwickeln.
Luft nach oben beim Grafikstil
Die audiovisuelle Gestaltung der Levels ist teils auch eher mau. Früher stand Ninja Gaiden für den neuesten Stand der Technik. Die ersten 2D-Ableger hatten ambitionierte Zwischensequenzen, in einer Ära, in der Storytelling noch ganz hinten anstand. Auf Xbox und Xbox 360 holten die ersten 3D-Ableger dann optisch alles aus ihrer Hardware raus. Das zuvor erschienene Remake Ninja Gaiden 2 Black polierte den alten Klassiker wiederum mit der Unreal Engine 5 auf das aktuell höchste grafische Niveau.
Ninja Gaiden 4 sieht ironischerweise mindestens eine Generation schwächer aus als das Remake. Mit Neon-Farben und viel Regen wurde versucht, das wohl kleine Budget zu vertuschen. Über die drögen Texturen und die wenig dynamische Belichtung täuscht das aber nicht hinweg. Durch die monotonen Tunnel und Plattformen fühlt sich die Welt außerdem künstlich an. Andere Ninja Gaiden-Spiele waren auch linear, hatten aber viele verschiedene Kulissen und so ein lebendigeres Weltendesign.
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Das ist schade, weil sich das Cyberpunk-Tokio perfekt für Action-Videospiele anbietet. Gelegentlich gibt es Stellen, an denen Grafik und Sound das Gefühl von Ghost in the Shell und japanischem Action-Sci-fi schön einfangen – diese Stellen gehen aber in den insgesamt sehr lang gestreckten Levels und der eintönigen Optik oft unter. Story-mäßg reißt Ninja Gaiden 4 keine Bäume aus, was nicht schlimm ist. Schließlich steht das Gameplay im Fokus. Allerdings wurde versucht Witze während manchen Kämpfen einzufügen, die nicht wirklich zünden. Außerdem können diese Dialoge etwas nerven, muss man beispielsweise Bosse öfter wiederholen.
Content und Umfang
Mit insgesamt fünf Waffen für Yakumo ist Ninja Gaiden 4 weniger breit aufgestellt als andere Ableger. Allerdings ist sein Arsenal gänzlich neu und bringt frischen Wind in die Formel. Ryu hat als Nebencharakter allerdings nur Zugriff auf das Katana. Etwas unschön: Weitere Waffen sind bereits geplant, aber erst als DLC im nächsten Jahr (via Siliconera).
Immerhin bietet der Titel auch in der Base-Version einige Extra-Modi. Nach Ende der rund zehnstündigen Kampagne gibt es neue Schwierigkeitsgrade, Herausforderungen und Items, außerdem werden alle Yakumo-Kapitel mit Ryu spielbar. Weil das Kampfsystem durchaus Suchtpotenzial hat, ist diese Art von Content genau richtig für den Wiederspielwert.
Auf dem normalen Schwierigkeitsgrad bietet der Titel eine durchaus knackige Herausforderung. Allerdings hatten die Entwickler wohl etwas Angst davor, zu stark zu frustrieren. Wer öfter den Löffel abgibt, bekommt nämlich nach jedem Game Over neue Heilgegenstände geschenkt.
Ninja Gaiden 4 Review – Fazit
Als Hack ‘n’ Slay der alten Schule bringt Ninja Gaiden 4 die nötige Abwechslung ins Action-Genre, das zurzeit die Souls-Likes dominieren – auch bei Team Ninja. Platinum Games hat es geschafft, der Serie frischen Wind zu verleihen, statt lediglich beim Remake des zweiten Teils anzusetzen. Ninja Gaiden 4 ist rasant, knackig und vereint die besten Features verschiedener Genre-Vetreter. Trotzdem: Der Titel ist nicht ganz so rund wie das kürzlich veröffentlichte Ninja Gaiden 2 Black. Vor allem im Level Design und der Präsentation fällt der vierte Teil nämlich ab.
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Ninja Gaiden 4 bietet modernisierte Action der alten Schule, die bei der Stange hält. Verglichen mit den Vorgängern ist es aber nicht auf dem neuesten Stand der Technik und schwächelt im Level Design.
- Grafik6
- Sound7
- Gameplay8
- Story5
- Motivation9
- Steuerung8