Mein Abenteuer in Manor Lords beginnt mit dem Aufbau meiner Siedlung, ausgestattet mit drei Zelten, einigen Bauern und Grundressourcen. Ich starte in einer der acht Regionen, in die die Spielkarte unterteilt ist. Um mein Territorium zu erweitern, muss ich Einflusspunkte sammeln, die ich durch militärische Erfolge gewinne, um Ansprüche auf neue Gebiete zu stellen und diese gegebenenfalls gegen meine KI-Gegner zu verteidigen. Beim Erkunden der natürlichen Ressourcen wird deutlich, dass diese auf der aktuellen Karte in jeder Region verfügbar sind, sich jedoch hauptsächlich in der Bodenfruchtbarkeit und dem Ertragsreichtum unterscheidet.
Ist ein gewisser Reichtum erreicht, lohnt es sich in das Militär zu investieren, um neue Gebiete zu erschließen. – © Hooded Horse
Der Anreiz, neues Land in Besitz zu nehmen und zu kolonisieren, liegt nicht primär in der Spezialisierung einzelner Gebiete auf bestimmte Ressourcen. Stattdessen führen erschöpfte Vorkommen von Erzen oder Steinen dazu, dass ich mich nach neuen Quellen auf der Karte umsehen muss. Dies bietet Raum für Spekulationen über zukünftige Aktualisierungen. Zuerst steht jedoch der Bau der ersten Wohnhäuser, Jagdstände und Sammlerhütten an, sowie die Sicherstellung einer ausreichenden Versorgung mit Brennholz für die Einwohner.
Auf diese Weise stelle ich sicher, dass die drei Grundbedürfnisse – Unterkunft, Nahrung und Brennholz – meiner Bewohner erfüllt sind, damit sie nicht in Scharen fliehen, was meine Beliebtheit und die öffentliche Ordnung beeinträchtigen würde. Anfangs erinnerte mich das Spiel sowohl visuell als auch in seiner Spielmechanik stark an eine modernisierte Version von Banished. Ich lege also die Versorgungswege fest, plane die notwendigen Gebäude für Industrie und Rohstoffgewinnung und bestimme die Wohngebiete.
Gebäudeplanung mit dem Sinn fürs Detail
Die Navigation und die flexible Zuweisung von Wohnflächen erweisen sich, wie erwartet, als ein Glanzpunkt des Spiels. Schon in der Demo zog diese Neuerung bei den Testern viel Aufmerksamkeit auf sich: Anstelle des üblichen rasterförmigen Layouts für Häuser definiere ich einfach ein Areal entlang der Straßen, das bebaut werden soll. Das Spiel erstellt daraufhin eine flexible Einteilung der Grundstücke für mich. Bei ausreichend großen Flächen ist es möglich, Erweiterungen vorzunehmen, um mehr Bewohner unterzubringen. In fortgeschrittenen Bauphasen können Spezialisierungen wie Lederwerkstätten, Brauereien und andere Gewerbebauten hinzugefügt werden.
Indem ihr euch Zugriff auf geeignete Ressourcen wie Nahrungsmittel, Brennholz, sowie kulturelle Güter wie Religion und Alkohol verschafft, habt ihr die Möglichkeit, eure Wohnstätten kontinuierlich zu optimieren. – © Hooded Horse
Dadurch wirkt meine Siedlung, als wäre sie mühelos und natürlich entstanden, und bietet eine breite Palette an visuellen Gebäudevarianten. Diese dienen nicht nur als Wohnstätten, sondern erfüllen auch wichtige Funktionen im ökonomischen Kreislauf. Ich kann die Gebäude optisch und in ihrer Funktion bis zur dritten Stufe verbessern, um zusätzliche Erweiterungen zu erschließen und Siedlungspunkte zu sammeln. Mit jedem Upgrade werden die Gebäude mit Materialien und Geld aufgewertet, wodurch einfache Hütten letztendlich in stattliche Fachwerkbauten verwandelt werden. Um dies zu erreichen, müssen zunehmende Bedürfnisse wie Zugang zu Wasser, Tavernen, Kirchen, Nahrungsversorgung, Kleidung und Brennholz befriedigt werden.
Divide et impera
Sobald die Einwohner ein Zuhause gefunden haben und die Versorgungsnetzwerke stehen, ist es an der Zeit, die Arbeitskräfte effektiv und nach Bedarf einzusetzen. Zum Beispiel haben Beerensammler und Landwirte im Winter weniger zu tun, daher ist es ratsam, die anfänglich wertvollen Arbeitskräfte in die Rohstoffverarbeitung zu stecken. Diese Art des Mikromanagements vermittelt ein Gefühl der Kontrolle und erfordert meine ständige Aufmerksamkeit, um mich mit den verschiedenen ökonomischen Prozessen zu beschäftigen. Obwohl dies auf lange Sicht anstrengend sein kann, ist es bemerkenswert, dass die Arbeiter in diesem Spiel anders als in ähnlichen Strategiespielen nicht individuell, sondern als Teil eines Haushalts gezählt werden, wobei alle Familienmitglieder zusammenarbeiten, um die anfallenden Aufgaben zu bewältigen.
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Alles aber keine klassische Aufbausimulation
Nach einer gewissen Zeit kommt der Moment, an dem die KI ein Gebiet für sich beansprucht. Ich stehe vor der Entscheidung, untätig zu bleiben, die Gunst des Königs zu nutzen, um das Gebiet für mich zu sichern, oder in den militärischen Konflikt zu gehen und um das Land zu kämpfen. Aktuell gibt es scheinbar keine Option, die Gunst des Königs zu erlangen, weshalb nur der Weg des Krieges bleibt, um das Gebiet meinem Widersacher abzunehmen. Ich mobilisiere den männlichen Teil der Bevölkerung, bewaffne sie mit Schwertern, Speeren, Piken oder Bögen und forme sie zu Kampfverbänden. Ein besonderes Detail ist, dass jede Truppe ein Banner, mit dem von mir kreierten, Wappen führt.
Das Kampfsystem und die Steuerung der Truppen von Manor Lords erinnern zunächst stark an die Echtzeitschlachten von Total War. Die Kollision der Einheiten, die individuelle Anpassung der Krieger und die umfangreichen Optionen zur Zuweisung von Kampfstilen geben einem das Gefühl, das Geschehen zu beherrschen. Die Schlachten erreichen jedoch nicht die epische Größe und Komplexität des Total-War-Systems in seiner Blütezeit, sowohl in Bezug auf die Anzahl der Einheiten als auch auf die etwas sperrige Steuerung. Erwarten Sie daher keine epochalen Schlachten, die das Schicksal einer Ära bestimmen, sondern eher überschaubare Gefechte zwischen konkurrierenden Dörfern. Diese Kämpfe sind jedoch greifbarer und persönlicher. Der Verlust eines gefallenen Kriegers als Arbeitskraft im Frieden ist spürbar. Deshalb ist es notwendig, mit den Truppen haushälterisch umzugehen und sie nicht unnötig zu opfern.
Errichtung eines komplexen Handelsnetzwerkes
Erreiche ich eine Reihe von militärischen Triumphen, habe ich die Möglichkeit, eigene Regionen in Anspruch zu nehmen. Dort kann ich unabhängige Siedlungen gründen, die jeweils durch Handel miteinander verbunden sind und über separate Ressourcen, Finanzen und Wirtschaftssysteme verfügen. Der Transfer von Gütern zwischen den Dörfern basiert auf einem gleichwertigen und gerechten Handel, was die Bildung von Rohstoffkolonien oder Satellitenstaaten verhindert, die lediglich der Versorgung der Hauptstadt dienen. Zudem besitzt jede Siedlung ihre eigene Entwicklungsstufe.
Nach etwa 15 Stunden des Spielens habe ich meine Startstadt auf das höchste Niveau erweitert. Dies wird erreicht, indem genügend Gebäude höherer Stufen in der Stadt errichtet werden. Jeder Aufstieg bringt Siedlungspunkte mit sich, die ich in einen separaten Fähigkeiten-Baum für fortgeschrittene landwirtschaftliche Techniken, Handelsboni, neue Handwerkskünste und Rohstoffverarbeitung investieren kann. Da die Punkte nicht ausreichen, um den gesamten Baum zu entwickeln, ist es wichtig, strategisch zu überlegen, welche Prioritäten ich bei der Verfolgung meiner Ziele setze.
Mit voranschreitender Spielzeit entwickelt sich eure Ansammlung an Zelten zu einer ansehnlichen Dorf-Gemeinschaft eingebettet in ein Handelsnetzwerk. – © Hooded Horse
Es ist daher vorteilhaft, verschiedene Städte mit unterschiedlichen Schwerpunkten zu entwickeln, auch wenn die Ressourcenverteilung gleich bleibt, um alle Spielmechanismen zu nutzen und Zugang zu allen Gebäuden und Verarbeitungsketten zu erhalten. Diese sind wohlüberlegt und effizient gestaltet. Sie können manchmal etwas komplex erscheinen, was jedoch größtenteils daran liegt, dass das Spiel mir viele Freiheiten in der Gestaltung der Prozesse bietet, was das Balancing, besonders zu Beginn, etwas herausfordernder macht. Insgesamt ist das Mikromanagement jedoch sehr unterhaltsam.
Nur zu Besuch!
Sollte sich die Gelegenheit für eine Atempause bei Manor Lords bieten, ermöglicht mir der Besuchermodus, meine Stadt aus der Perspektive eines Dritten zu bestaunen und wie ein Einwohner durch die Straßen zu schlendern. Die beeindruckende Grafik verstärkt dieses Erlebnis zusätzlich. Die atmosphärischen Wettereffekte und die nahtlosen Wechsel der Jahreszeiten fesseln mich so sehr, dass ich den Fotomodus kaum noch verlassen möchte.
Trotz der positiven Aspekte muss man dennoch auf den Early Access-Status des Spiels hinweisen. Dieser ist noch spürbar: Viele Elemente des Diplomatiesystems existieren momentan nur in Grundzügen, und es gibt zahlreiche offensichtliche Platzhaltertexte aus der Entwicklungsphase. Zudem sind einige Teile des Fähigkeitenbaums noch nicht implementiert und sollen in zukünftigen Updates ergänzt werden. Dennoch hat das Spiel schon jetzt ein hohes Suchtpotenzial. Dies wird dadurch verstärkt, dass ich während des Spielens keine gravierenden Fehler oder Leistungsprobleme feststellen konnte, die das Spielerlebnis beeinträchtigen würden.
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Fazit zu Manor Lords
Manor Lords überzeugt bereits in der jetzigen Phase als komplexes Aufbauspiel, das ein Auge fürs Detail beweist. Ob es um den Ausbau von Handelswegen, die Bewirtschaftung von Ackerland oder den Abbau von Ressourcen geht, strategisches Denken und nachhaltiges Handeln sind stets gefragt. Hinzu kommt die beeindruckende Grafik, die es schwer macht, sich von Manor Lords abzuwenden. Doch Kommunikationsprobleme, spärliche Tutorials und störende Fehler erschweren es, das Strategiespiel mit seinem Charme vollends zu genießen. Wer ein möglichst flüssiges Spiel ohne Störungen sucht, sollte vielleicht noch einige Monate und die Veröffentlichung weiterer Patches abwarten, bevor das Spiel offiziell veröffentlicht wird.