Kann "Jurassic World: Ein neues Zeitalter" das prähistorische Franchise wiederbeleben?
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Jurassic World: Ein neues Zeitalter stellt den nunmehr sechsten Teil einer Reihe dar, die – und man kann darüber streiten – nur über einen tatsächlich guten Teil verfügt. Dennoch ist die Faszination ,,Dinosaurier“ so tief im kollektiven Gedächtnis unzähliger Generation verankert, dass jeder neue Film der Reihe astronomische Einnahmen verzeichnen kann. Ja sogar über einen echten Dinopark nachgedacht wird.
Auch mit dem neusten Teil des prähistorischen Franchise wird es wohl nicht anders laufen. Dabei handelt es sich bei Ein neues Zeitalter um den bislang schlechtesten Teil der Reihe. Warum es endlich Zeit wird die wiederbelebten Dinosaurier ruhen zu lassen, erfahrt ihr bei uns im Test.
Die Ereignisse von Jurassic World: Ein neues Zeitalter setzen knapp vier Jahre nach dem Vorgänger ein. Nachdem Isla Sorna durch einen Vulkanausbruch zerstört wurde, mussten die überlebenden Dinos evakuiert werden, gerieten in Gefangenschaft von Schwarzhändlern und wurden befreit. Seitdem verbreiteten sie sich auf der ganzen Welt und leben Seite an Seite mit den Menschen.
Claire (Bryce Dallas-Howards) und Owen (Chris Pratt) leben seitdem im Exil, um auf den menschlichen Klon von Maisie Lockwood (Isabella Sermon) aufzupassen. Die Velociraptorendame Blue und ihr Baby sind auch mit dabei. Doch schon bald wird Maisie und das Dinobaby entführt und es entspinnt sich eine Verfolgungsjagd über die ganze Welt.
Zeitglich untersucht die aus dem Vorgänger bekannte, und neuerlich ledige, Ellie Sattler (Laura Dern) einen mysteriösen Super-Heuschreckenschwarm, der ganze Weizenfelder auslöscht. Zusammen mit ihrem Ex Alan Grant (Sam Neil) reisen sie in eine vermeintlich sichere Dinoheimat in den italienischen Dolomiten, wo der herzensbrechende Chaostheoretiker Ian Malcom (Jeff Goldblum) sie vor den dunklen Machenschaften des Forschungsinstitut Biosyn warnt, das das Areal betreibt. Dinge gehen schief, Dinos brechen aus und so weiter und so fort.
Die Handlung, wenn man sie denn überhaupt so nennen kann, ist eine der größten Schwächen von Jurassic World: Ein neues Zeitalter. Ein Plot lässt sich noch schwieriger finden als Dino-DNA in bernsteinernen Moskitosaugern. Während zunächst die Familie Grady nach ihrer Adoptivtochter sucht, fühlt sich der Film eher wie ein Mission Impossible mit Dinos an. Allerdings ohne der cleveren Actioneinlagen und dynamischen Kameraeinstellungen. Owen und Claire jagen von einer rasanten Sequenz zur nächsten, ohne, dass dabei wirklich etwas auf dem Spiel steht.
Der Film forciert eine emotionale Verbindung zwischen der Klontochter Maisie, die sich nicht als Teil der Familie und als ,,echter Mensch“ sieht und den beiden Gradys, die noch weniger Chemie miteinander haben als ein Spinosaurus und ein T-Rex auf der Futtersuche. Die einzigen Lichtblicke entstehen, wenn die Handlung zu den Legacy-Charakteren aus dem ersten Jurassic Park wechselt. Vor allem Sam Neil und Laura Dern verfügen immer noch über genug Charme, um wenigstens etwas Menschliches in diesem Dinofilm zu finden. Die beiden schaffen es größtenteils ihre Sequenzen trotz kitschiger Dialoge und fremdschämender One-Liner sehenswert zu gestalten.
Jurassic World: Eine neue Zeitalter liefert dabei teilweise solch schlechte Dialoge und Zitate, dass kaum vorstellbar ist, dass der erste Teil der Reihe bis heute noch oft zitiert und wegen seiner klugen Allegorien gelobt wird. Großartige oscarprämierte Schauspieler wie Laura Dern sind dennoch gezwungen, lachhafte Zeilen herunterzulesen, die einen Karrieretiefpunkt in jedem Lebenslauf darstellen. Bryce Dallas Howard holt auch alles aus dem Bisschen heraus, das ihr gegeben wird. Chris Pratt bleibt hingegen durchgehend farblos. Die Mutter-Tochter-Beziehung zwischen Claire und Maisie ist zwar unbeachtet und kaum betont, hätte aber einen guten emotionalen Kern bilden können. Pratts Owen Grady hat, außer als Avatar für die Actionsequenzen zu dienen, keine Daseinsberechtigung.
Weiter zurück als die Kreide, liegt jedoch jene Zeit, als die ,,Jurassic“-Reihe eine metaphorische Angleichung an reale Probleme der Gegenwart waren. Als die Geldgier großer Konzerne, skrupelloses Gottspielen und der Sieg über die von der Natur gegeben Gesetze den philosophischen Kern ausgemacht haben. Wir nicht zusehen mussten, wie Charaktere, die laut Plot nicht sterben konnten, von einem monsterhaften Urzeitreptil nach dem anderen, durch unwirtliches Gelände gejagt wurden.
Als Dinosaurier, außer der T-Rex natürlich, keine monsterhaften Ungeheuer waren, die alles attackieren und umbringen wollten. Sondern imposante Wunder (der Technik), die eindrucksvoll kindliche Erinnerungen wachgeweckt und ein nostalgisches Gefühl vom Spielen mit Plastiksaurier in der Sandkiste erzeugt haben. Unvergesslich ist die eindrucksvolle Brachiosaurusszene im ersten Jurassic Park, als uns Steven Spielberg zum Staunen brachte. John Williams musikalische Untermalung war weniger stressige Unheilverkündung, als majestätische Bewunderung.
In Jurassic World: Ein neues Zeitalter ist nichts mehr davon übrig. Alle Dinosaurier, Fleisch- oder Pflanzenfresser, sind totbringende Monster. Während der T-Rex aus dem ersten Teil noch spärlich eingesetzt wurde und zahlreichen Generation von Kindern das fürchten lehrte, ist im aktuellsten Teil der Reihe alles voll von diesen Momenten. Kaum tritt ein neuer Dino auf, versucht er schon mindestens einen Hauptcharakter zu fressen. Dass die Leinwand-Dinos dabei wunderschöne Technikwunder aus CGI und animatronischen Puppen sind, trübt die Erfahrung nur noch mehr. Denn bei den umwerfenden, lebensechten Dinosaurierpuppen geht wegen der stressigen Actionsequenzen und der uninspirierten Kameraführung alles an Faszination verloren, was den Vorgänger seinerzeit ausgezeichnet hat.
Jurassic World: Ein neues Zeitalter ist der schlechteste Teil des bald dreißigjährigen Franchise. Die uninteressanten Actionsequenzen schaffen es nicht darüber hinwegzutäuschen, dass der Film über nahezu keine Handlung verfügt. Die Charaktere sind kaum mehr als Vorsätze, um monströse Dinosaurier zu zeigen, die sie durch die Gegend jagen.
Die teilweise geglückte Integration der beliebten Helden aus dem ersten Teil sind singuläre Highlights, die zwar für die nötige Nostalgie sorgen, schlussendlich aber auch nicht den Wunsch nach mehr erwecken. Schlechte geschriebene Dialoge und billige Zeilen lassen auf einen alles vernichtenden Kometen hoffen, noch ehe der Film vorbei ist.
Die handwerklich beeindruckend gemachten Dinosaurier sind tatsächliche Highlights, die jedoch aufgrund ihrer alleinigen Funktion als Mördermaschinen und Verfolgungsapparate jeglichen Charme verlieren. Und dennoch ist es kaum vorstellbar, dass dieser Film nicht erfolgreich ist. Die Faszination ,,Dinosaurier“ ist immer noch ungebrochen. Wer kurzweilige Action ohne viel Gehirnschmalz und aus den Vorgängern liebgewonnene Gesichter mag, der wird auf seine Kosten kommen.
,,Leben findet immer einen Weg“, hat Dr. Ian Malcom im ersten Jurassic Park bereits gesagt. Wie Recht er damit im Bezug auf Leinwanddinosaurier wohl haben wird, muss ihm wohl entgangen sein.