Doctor Strange, Rick and Morty und so viele mehr lieben die Idee des Multiversum. Doch was macht diese Form des Storytellings so spannend?
Hast du Fragen oder Anregungen? Schreib an Redaktion (AT) DailyGame.AT
In den frühen 2000er-Jahren waren es ,,Young Adult“-Mehrteiler wie Twilight und Tribute von Panem, die auf dem auslaufenden Hype der ,,Harry Potter“-Reihe anknüpften. Anfang der neuen Dekade begann der steile Aufstieg der Superheldenfilme, die seitdem unsere Kinos domminieren. Mit Star Wars: Das Erwachen der Macht startete hingegen eine Ära, in der Filmfortsetzungen langbestehender Reihen überall aufpoppten. Mit Top Gun: Maverick hatten diese Filme dieses Jahr einen Höhepunkt und mit Jurassic Park: Eine neues Zeitalter einen urzeitlichen Tiefpunkt.
Doch noch ein weiterer Filmtopos scheint die Kinolandschaft wie kaum etwas anderes momentan zu beherrschen. Seien es günstig produzierte Indiefilme, kurze Animationsserien, oder millionenteure Marvel-Produktionen. Die Ära der Multiversen ist angekommen! Kaum eine andere Erzählweise lässt sich 2022 so oft wiederfinden.
So zum Beispiel in Rick and Morty. Die Serie setzt seit ihrer ersten Staffel auf multiversale Abenteuer und unendlich viele Paralleluniversen. Der Macher Dan Harmon hat indes in seiner Vorgängerserie Community bereits mit dem Konzept experimentiert. In Rick and Morty lässt er die Charaktere dabei in vielen Inkarnationen ihrer selbst aus unterschiedlichsten Universen auftreten. Auch wenn das Multiversum dort eher ein lustiger Gag in einige Folgen, als übergeordnete Handlung ist.
Anders sieht es hier schon eher im 2021 erschienen Ratchet and Clank: Rift Apart aus. Dort wurde das Konzept des Multiversums zum integralen Gameplay-Feature. So erleidet das Multiversum einen Riss, wodurch Monster, Gegner und Verbündete aus unzähligen Parallelwelten aufeinandertreffen. Mit eindrucksvollen Waffen lassen sich hingegen jene Risse im Kampf nutzen.
Eine besondere Waffe ermöglicht es sogar, bestimmte Objekte und Ungeheuer aus anderen Sony-Spielen in die Welt von Ratchet und Clank zu bringen. So lassen sich die dinoähnlichen Thunderjaws aus Horizon: Zero Dawn herbeirufen. Doch vor allem in Filmen gibt es gerade mehr Verweise auf das Multiversum als je zuvor.
Drei Jahre ist es her, seit Marvel mit Avengers: Endgame Phase 3 ihrer Filmwelle beendete. Seitdem ist das Segel ganz klar Richtung Multiversum gesetzt. Während Loki sich langsam vorwagte, schaffte Spider-Man: No Way Home einen wahren Homerun. Gleich drei Spider-Men aus verschiedenen Filmuniversen fanden zusammen, um die jeweiligen Bösewichte aus ihren Welten zu besiegen. Auch wenn Into the Spider-Verse einige Jahre zuvor bereits zeigte, wie eine Spider-Man-Geschichte im Multiversum auszusehen hat, war es dennoch Marvel Studios bisher klarste Definition ihrer Zukunftspläne.
Mit Doctor Strange in the Multiverse of Madness ging es dann komplett in das namensgebende Multiversum. Auch wenn der Film unterhaltsam war, blieben die multiversalen Möglichkeiten hinter ihren Erwartungen. Aber ein andere aktueller Film schaffte Abhilfe. Everythin Everywehere all at once schafft es momentan wie kein Zweiter die Möglichkeiten dieser Erzählstruktur auszureizen.
Als Evelyn von ihrem Mann aus einer alternativen Realität besucht wird, öffnet sich für die Waschsalonbesitzerin ein Fenster in eine größere Welt. Wie kaum ein anderer Film beweist Everything Everywhere welch absurden Möglichkeiten durch das Multiversum entstehen können. Wir sehen ein Universum, in dem Evelyn und ihre Tochter Steine sind. Dann gibt es eines, wo alle Menschen Würste statt Finger haben.
Dann wiederum eines, in dem Evelyn, gespielt von Martial-Arts-Legende Michelle Yeoh, eine Kung-Fu-Meisterin ist. Die Möglichkeiten, die Multiversums-Geschichten bieten, sind grenzenlos. In dem kürzlich veröffentlichten Podcast Script Apart erklärt der Drehbuchautor der ,,Doctor Strange“-Fortsetzung, Michael Waldron, den Reiz des Multiversums.
,,Charaktere müssen wahrhaftig ihr ,,was wäre wenn“ konfrontieren. […] Was hätte sein können, wie hätten ihre Leben ausfallen können. Man hat [als Drehbuchautor Anm.] tatsächlich die Möglichkeit das zu erforschen und diese anderen Versionen der Charaktere zu zeigen.“
Durch das Multiversum als Handlungsstrang können Drehbuchautoren ihre Charaktere noch genauer charakterisieren. Indem sie Figuren mit alternativen Versionen ihrer selbst konfrontieren, sind sie gezwungen, sich und ihr Handeln zu hinterfragen. Motivationen werden klarer. Innenleben besser beleuchtet. Kurz: Storylines intensiver und Charaktere realistischer.
Zusätzlich, wie es einige obengenannte Filme beweisen, bieten Multiversen nahezu grenzenlose Möglichkeiten für Schabernack. Visuell beeindruckende Szenen sind genau so möglich wie nostalgische Wiedervereinigungen mit liebgewonnen Schauspielern aus anderen Filmuniversen. Grenzenlos wirkt die Zukunft. Man kann also abschließend nur sagen: Willkommen in der Zeit der Multiversen. Erwartet das Unerwartete!