Raidou Remastered: The Mystery of the Soulless Army (PS5) – Review

Das fast vergessene Action-RPG von Atlus hebt sich positiv von Konsorten wie Persona ab. Allerdings ist das Remaster nicht immer rund.

Raidou Remastered Charaktere - Bild © Atlus
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die stylische Anime-Atmosphäre von Raidou ist noch immer einzigartig.
  • Vermeintliche Modernisierungen hebeln das alte Detektiv-Gameplay aus.
  • Dem neu aufgelegten Kampfsystem fehlt es ein wenig an Abwechslung. 

Die J-RPG-Schmiede Atlus verlässt die Gefilde der Rundentaktik und bringt mit Raidou Remastered: The Mystery of the Soulless Army einen ihrer seltenen Action-Titel zurück. Schon auf der PlayStation 2 hob sich das Spin-off von Shin Megami Tensei positiv von anderen Ablegern wie Persona ab, aber es blieb damals noch Luft nach oben. Raidou Remastered poliert den alten Titel nun auf, aber leider ist nicht alles so rund wie erhofft – die Gründe gibt’s im folgenden Review.

Raidou ist ein Monstersammel-Spiel wie Persona & Co, aber verpasst der Formel eine eigene Note. Üblicherweise spielen die Titel von Atlus in dämonischen Highschools oder im postapokalyptischen Tokio. Nicht so Raidou, das den gleichnamigen Dämonenbändiger ins Tokio zu Beginn des 20. Jahrhunderts verfrachtet. Dort muss er als Detektiv paranormale Fälle lösen und gerät dabei häufig in Konflikt mit den altbekannten Atlus-Dämonen. Die werden hier erstmals in Real-Time gefangen und in den Kampf geschickt.

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Raidou Remastered Screenshot - Bild © Atlus

Raidou Remastered Screenshot – Bild © Atlus

Worum geht’s in Raidou? Nachdem ominöse Soldaten in Rot ein angeblich verfluchtes Mädchen entführen und sich überall in der Stadt Menschen in Dämonen verwandeln, startet eine zwölf Kapitel und circa 20 bis 25 Stunden lange Mystery-Geschichte, in der es es auch andere Dämonenbändiger auf Raidou abgesehen haben. In den relativ überschaubaren Stadtteilen sind dann Indizien aufzuspüren und Charaktere zu befragen oder kleine Rätsel zu lösen. Jeden Stadtteil gibt es obendrauf in einer geheimen dunklen Variante, quasi als Dungeon, wo die Dämonen hausen.

Dort herrschen die alten Atlus-Basics: Man fängt seltsame Dämonen wie Pokémon ein, aber fusioniert diese zu neuen Monstern, statt sie lange lieb zu haben oder zu trainieren. Während es in rundenbasierten Atlus-Spielen Extrazüge gibt, wenn man Gegner mit dem richtigen Elementarzauber trifft, werden Feinde hier für ein paar Sekunden gelähmt. Raidou kann jeweils zwei Monster aufs Kampffeld beschwören und notfalls tauschen. Zwar liegt der Fokus darauf, gute Teams zu bauen, aber Raidou kann mit Katana, Axt oder Speer selbst mächtig austeilen.

Review: Raidou Remastered macht Japano-Style HD-tauglich

Raidou Remastered Screenshot, Kampfsystem - Bild © Atlus

Raidou Remastered Screenshot, Kampfsystem – Bild © Atlus

Atlus ist heutzutage für einen besonders hervorstechenden Anime-Stil in Titeln wie Persona 5 oder Metaphor: ReFantazio bekannt. Auch Raidou hatte immer eine unverkennbare Atmosphäre, die Detektiv-Anime mit Verschwörungs-Thriller, japanischer Geschichte und Okkultem mischt. Ins Weltall geht es auch und eine sprechende Katze á la Sailor Moon hält als treuer Sidekick her. Raidou ist aber trotz seiner Kumpels in der Detektivagentur ein Einzelgänger – um die Macht der Freundschaft wie in Persona geht es hier selten.

Der damalige Franchise-Zeichner Kazuma Kaneko hat einen markanten Stil, bei dem die Gesichtszüge und die glatt gebügelte Mode der Anime-Figürchen besonders hervorstechen. In HD ist das nun umso schöner. Daneben mischt der Soundtrack wie gewohnt Electro mit etwas Jazz und ein bisschen Buttrock und erzeugt so eine Aura, die nur aus Japan stammen kann.

Raidou Remastered Screenshot, Charaktere - Bild © Atlus

Raidou Remastered Screenshot, Charaktere – Bild © Atlus

Darüber hinaus ist das historische Setting noch immer frisch. In der Zwischenkriegszeit sieht man Japan selten, sonst sind es die Samurai-Äras oder die Moderne. Gleichzeitig behält das Spiel seine Mystik bei. Überall treiben die ungewöhnlich obszönen Dämonen Schabernack und runden das Worldbuilding ab.

Leicht enttäuschend ist, dass die vorgerenderten Hintergründe der PS2-Version nicht übernommen wurden. Zuletzt hat das Remaster von Onimusha 2 gezeigt, dass die statische Grafik von früher mit genug Feingefühl noch immer hübsch aussieht. Raidou Remastered behält die fixierten Kamerawinkel, aber die Umgebungen sind in 3D neu aufgebaut. Dadurch ist die Kamera an manchen Stellen ein bisschen dynamischer, aber insgesamt hinkt es im Detailgrad Onimusha 2 hinterher.

Raidou Remastered: Aus Detektiv-Spiel wird Walking-Simulator

Raidou Remastered Screenshot, Map - Bild © Atlus

Raidou Remastered Screenshot, Map – Bild © Atlus

Atlus hat im Vorhinein Dutzende Quality-of-Life-Verbesserungen angekündigt: Mit dem Remaster gibt es erstmals einen Knopf zum Sprinten, Quick Travel, sichtbare Gegner auf der Map statt Zufallskämpfe, überspringbare Zwischensequenzen, Sprachausgabe, eine größere Auswahl an Dämonen und viele kleine Annehmlichkeiten.

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Leider haben die Entwickler übers Ziel hinausgeschossen – vor allem bei der Erkundung. Die gibt es nämlich nicht mehr. Eigentlich hatte Raidou ein interessantes Konzept: Als Bestandteil der Detektivarbeit galt es nicht nur Bewohner zu befragen, sondern auch mit den Dämonen Gedanken zu lesen oder sich in abgesperrte Bereiche zu schleichen und unsichtbare Spuren aufzudecken.

Raidou Remastered Screenshot, Menü - Bild © Atlus

Raidou Remastered Screenshot, Menü – Bild © Atlus

Im Remaster ist davon fast nichts mehr notwendig. Quasi jeder Schritt ist hier penibel mit einem GPS vorgegeben, ähnlich wie in Open-World-Titeln. Statt sich mit NPCs oder der Umgebung auseinanderzusetzen, reicht es, dem vorgegebenen Icon hinterherzudackeln. Leider sind die Rätsel zu simpel, um die nicht mehr vorhandene Erkundung auszugleichen. Zumal der Katzen-Sidekick die Lösung ohnehin verrät. Im Gegensatz zu anderen J-RPGs der Firma, wie Metaphor, sind auch die Dungeons viel weniger komplex. Das störte früher nicht, weil die Ermittlung im Fokus stand. Nun ist dieser Aspekt aber ausgehebelt.

Verbesserungen der Kämpfe nicht immer spürbar

Raidou Remastered Screenshot, Kampf - Bild © Atlus

Raidou Remastered Screenshot, Kampf – Bild © Atlus

Die Kämpfe wurden im Vergleich zur PS2-Version gänzlich neu aufgesetzt. Statt in vorgerenderten Arenen kämpft Raidou nun in 3D-Arealen und zeigt sich mit viel Akrobatik und neuen QTE-mäßigen Spezialattacken agiler denn je. Allerdings fehlt es den Kämpfen an Wucht. Treffer fühlen sich wegen steifen Animationen oft wie Schläge in die Luft an. Ironischerweise war Raidou auf PS2 weniger agil, aber das Feedback der Treffer war vor allem im zweiten PS2-Ableger knackiger. Im Remaster hat nur der Speer halbwegs Gewicht. Auch bei kurzen Jump ‘n’ Run-Einlagen in Bosskämpfen fehlt ein wenig die Politur.

Raidou war ein relativ unbekanntes Spiel, aber seiner Zeit voraus. Denn das Kampfsystem war vergleichbar mit dem vom Final Fantasy VII Remake. Sprich, man knüppelt Gegner in Echtzeit, aber erteilt über klassische Menü-Arbeit Befehle. Im Remaster agieren die eigenen Dämonen viel autonomer und greifen sofort mit den korrekten Elementzaubern an. Klingt praktisch, verfrachtet den Mittelpunkt des Geschehens aber viel mehr auf die Action, die aber zu seicht ist und das Kämpfen deswegen manchmal monoton. Immerhin unterhält es dank des schnellen Auflevelns und der großen Varianz an Sammelmonstern.

Fazit – Raidou Remastered Review (PS5)

Raidou Remastered Screenshot, Dialog - Bild © Atlus

Raidou Remastered Screenshot, Dialog – Bild © Atlus

Schlecht gealtert? Keineswegs. Die okkulte Detektiv-Atmosphäre im jazzigen Anime-Look ist auch heute noch frisch, selbst verglichen mit anderen Atlus-Titeln. Ironischerweise sind die meisten Mankos dem Remaster zu verschulden, nicht dem Originalspiel. Das Kampfsystem ist zwar viel agiler, aber den neuen Animationen fehlt es an Gewicht. Vor allem aber hatten die Entwickler zu viel Angst davor, das Spiel könnte zu verwirrend sein. Viele neue Features sind begrüßenswert, wie die Sprachausgabe oder die abgeschafften Zufallskämpfe. Aber Raidou Remastered nimmt Spieler so sehr bei der Hand, dass vom eigentlichen Detektiv-Gameplay quasi nichts übrig bleibt.

ReviewWertung

6SCORE

Detail-Wertung

Grafik

7

Sound

9

Gameplay

5

Story

8

Motivation

6

Steuerung

7
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