Too Kyo Games bringt Danganronpa-Vibes zurück – mit Monstern, Schulalltag und moralischen Dilemmas.
Eva Krumm: Eva wünscht sich ein aufblasbares Einhorn, mit welchem sie dann nachts schnallige Werbespots anschauen kann. Ihr erstes eigenes Videospiel war Pokémon auf dem Game Boy. Zusammen mit ihrem Großvater machte sie zudem die Regenbogenstrecke in Mario Kart auf dem SNES unsicher. Ihre Lieblingsgenre sind JRPG, Otome und Horror und auch der Indie-Bereich ist ihr nicht fremd.
Hast du Fragen oder Anregungen? Schreib an Redaktion (AT) DailyGame.AT
The Hundred Line – Last Defense Academy ist ein neuer Titel, der von Too Kyo Games und Media.Vision entwickelt und von Aniplex veröffentlicht wird. Viele wissen bereits, dass Too Kyo Games von ehemaligen Danganronpa-Entwicklern gegründet wurde. Nach dem eher durchwachsenen Free-to-Play-Titel Tribe Nine fragen sich Fans nun, ob der neue Titel wieder an alte Stärken anknüpfen kann.
In einem Preview-Artikel zur Demo von The Hundred Line – Last Defense Academy konnten wir bereits erste Einblicke gewinnen. Die Demo ist frei verfügbar – wer noch unsicher ist, kann sich dort einen Eindruck verschaffen. Ich persönlich war schon von der Demo begeistert und konnte den Release kaum erwarten – und ich wurde nicht enttäuscht.
Werbung
Wir folgen Takumi Sumino, dem Hauptcharakter, der im sogenannten Tokyo Complex lebt – einer gigantischen Halle, in der eine abgeschottete Siedlung errichtet wurde. Die Menschen leben dort schon so lange, dass sie Dinge wie Regen, Himmel oder Sterne nur noch aus Büchern kennen. Jeden Tag geht das Licht zur gleichen Zeit an und aus. Die Temperatur ist konstant. Alles ist so geregelt, dass sich nichts verändern muss. Nur wenn die Sirenen ertönen, flüchtet die Bevölkerung in Bunker – doch eigentlich passiert nie etwas.
Bis Takumis beste Freundin während einer dieser Alarme verschwindet. Statt sich zu verstecken, macht er sich auf die Suche nach ihr – und plötzlich greifen Monster den Komplex an. Ein kleines sprechendes Maskottchen taucht auf und bietet ihm die Möglichkeit, mit der Kraft der Hemoanima zu kämpfen. Takumi nimmt an. Nach dem Kampf verliert er das Bewusstsein – und erwacht in einer Schule, gemeinsam mit anderen Jugendlichen. Das Maskottchen, Sirei, erklärt ihnen, dass sie auserwählt wurden, die Menschheit in den nächsten 100 Tagen zu verteidigen.
The Hundred Line – Last Defense Academy – erinnert mit seinem Setting, den Charakteren und dem Stil sehr stark an die Danganronpa-Reihe. Doch wir befinden uns dieses Mal in keinem Battle-Royale-ähnlichen Killing Game. Die Story wird typisch als Visual Novel erzählt, während wir verschiedene Dinge tun können, um die 100 Tage rumzubekommen. Angefangen beim Kampf gegen die Invatoren. Diese bekämpfen wir in einem rundenbasierten Kampfsystem. Pro Runde haben wir eine begrenzte Anzahl an Aktionspunkten, mit denen wir Charaktere individuell bewegen und einsetzen können. Sind die Punkte aufgebraucht, ist der Gegner am Zug. Sind noch Punkte übrig, werden diese in die nächste Runde übertragen.
Jeder Charakter hat individuelle Fähigkeiten und Stärken. Takumi ist ein sehr guter Allrounder. Hiruko Shizuharas Angriffe mit der Axt hingegen haben ordentlich Wumms. Takemaru Yakushiji hat dank seines Motorrads einen größeren Bewegungskreis und lädt automatisch mit seinen Angriffen auch seine Abwehr auf.
Nach und nach kommen zwar auch andere Charaktere hinzu, doch man bekommt am Anfang eine recht ausgewogene Basis an Kämpfern zur Hand, die immer mehr gestärkt wird. Hat man den Kommander eines Angriffs besiegt, kann man am Ende einen Charakter den Finisher ausführen lassen. Der Charakter absorbiert die Kraft des Kommanders und stärkt damit oftmals seine Spezial-Attacke.
Spezial-Attacken kennen wir aus anderen RPGs. Sie sind besonders starke Angriffe, für die man oftmals aber auch erst eine Leiste füllen muss. Das ist auch bei The Hundred Line – Last Defense Academy – nicht anders. Allerdings wird der Spezial-Angriff auch möglich, wenn der Charakter an der Schwelle zum Tod steht. Dann benötigt man keine aufgeladene Leiste, allerdings stirbt der Charakter. Doch keine Sorge, eure Charaktere werden nach dem Ende einer Welle wiederbelebt und steigen erneut in den Kampf ein.
Wie aus Danganronpa gewohnt, haben wir einen bunten Haufen an seltsamen Charakteren im Spiel, wobei Takumi noch zu den normalsten und vernünftigsten gehört. Einige wachsen einem trotz ihrer Schrulligkeit doch irgendwie ans Herz. Wobei Darumi Amemiya es mir wohl am meisten angetan hat. Sie hätte eigentlich lieber ein blutiges Killing Game. Sie verkörpert so ein bisschen die Fans der Danganronpa-Reihe, die seit Jahren nach einem neuen Titel schreien. Das fand ich sehr charmant eingebunden, da ich es sehr gut verstehen kann. Too Kyo Games ist sich durchaus bewusst, dass Danganronpa eine große Fangemeinde hat und wie diese Fans ticken. Sie haben dafür Elemente aus dem Franchise in The Hundred Line mit eingebaut, ohne sich davon aber zu sehr einschränken zu lassen – weshalb ich Master Detective Archives: Rain Code als eine kurzzeitige Geschmacksverirrung einordne.
Werbung
Wir haben auch in diesem Spiel wieder Freizeit, die wir für verschiedene Dinge nutzen können. Darunter können wir Zeit mit den anderen Schülern verbringen, um verschiedene „Schulnoten“ in Fächern zu verbessern. Diese werden vor allem hilfreich, wenn ihr die Gebiete außerhalb der Schule erkundet. Dazu müssen wir durch die nie sterbenden Flammen und können uns dann außerhalb umsehen und Materialien sammeln. Diese benötigen wir, um entweder unsere Kampffähigkeiten zu steigern oder um Geschenke für Charaktere herzustellen. Dank der Geschenke erhalten wir dann extra Punkte in den entsprechenden Fächern. Da uns die Charaktere hier auch nicht unter der Hand wegsterben, kann man sich ganz entspannt den verschiedenen Charakteren widmen oder auch immer mal wieder die Außenwelt erkunden.
Diese Dinge passieren zwar automatisch, doch mit jedem neuen Raum kommen mehr Möglichkeiten hinzu, was du in deiner Freizeit erledigen kannst. Im Arcade-Raum kannst du Probekämpfe absolvieren, bei denen aber die Zeit vergeht. In der Garage kannst du neue Angriffe lernen oder deine bereits erlernten stärken – und zwar für alle Charaktere. Diese Räume schalten sich nach und nach frei, wenn man in der Story voranschreitet.
Auch das Überzeugen der Charaktere, in den Kampf einzusteigen, ist in die Story eingeflochten. Doch man muss eine Art Mini-Game absolvieren, um sie zu überzeugen. Dazu muss man gut aufpassen, welche Informationen man über sie erhält, da man die richtigen Antworten geben muss, um ihr Selbstbewusstsein zu stärken und den Kampfgeist zu wecken. Es erinnert sehr stark an die Trials aus den Danganronpa-Spielen, nur nicht ganz so langwierig und aufwendig. Sie sollen vermutlich vor allem immer mal wieder frischen Wind ins Gameplay bringen.
Ich bin begeistert. Das Spiel ist großartig und unterhaltsam geworden. Nicht so wie Danganronpa, aber es macht dennoch unheimlich viel Spaß. Too Kyo Games versteht sich darauf, spannende Charaktere mit gutem Storytelling zu vereinen. Auch wenn das Spiel wieder mit ordentlicher Spielzeit aufwartet, wird es eigentlich nie langweilig. Hin und wieder habe ich gemerkt, dass ich allerdings angefangen habe, die Gespräche mehr zu überfliegen als wirklich zu lesen. Das passiert vor allem gerne mal, wenn ein Punkt kommt, an dem man mal wieder mit Story erschlagen wird. Diese ist per se nicht langweilig, sondern eigentlich echt spannend – vor allem, da man regelmäßige Plottwists erwarten kann. Doch wenn es um mir eher unsympathische Charaktere ging, wurde es etwas anstrengend, den vielen Texten folgen zu wollen.