Die Prequels sind zurück mit Obi-Wan Kenobi. Doch kann die neuste ,,Disney+"-Serie dort überzeugen, wo Episode I-III scheiterten?
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Als wir Obi-Wan Kenobi das letzte mal auf der Leinwand gesehen haben, lag sein Leben in Trümmern. Der jahrhundertealte Jedi-Orden durch politische Intrigen von den Sith zerstört. Die verblieben Jedi auf der Flucht oder im Exil. Der Krieg verloren und sein Schüler, Freund und Bruder, Anakin Skywalker, durch seine eigene Hand (und Lava) vermeintlich getötet.
Wir haben einen alternden Jedi-Meister verlassen, der alles verloren hat. Sein letzter Funken Hoffnung ruht nun auf den Kindern des abtrünnigen Anakin Skywalkers und der Senatorin Padmè Amidala, die er mit allem was er hat beschützen möchte. Die erste Folge der neusten ,,Disney+“-Serie setzt ein Jahrzehnt später ein. Und dennoch genau dort, wo die Prequel geendet haben.
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Obi-Wan Kenobi, jetzt unter dem Namen Ben, ist ein einfacher Arbeiter, der in einer Höhle lebt und den jungen Luke wachsam im Auge behält. Vom charmanten Jedi-Meister aus Episode III ist kaum noch mehr etwas übrig. Das Leid, das durch das Imperium herrscht und seine Schuldgefühlen, es nicht verhindert zu haben, haben ihn von der mystischen Macht abgeschnitten.
Von Gewissensbissen geplagt, lebt er als einsamer Eremit, völlig abgeschnitten von der Welt und seinen Fehlern. Immer mit der Erinnerung im Kopf, seinen Schüler und Bruder, Anakin Skywalker, ermordet zu haben. Seitdem sieht er es als seine Pflicht, oder gar die Chance auf Wiedergutmachung, über dessen Sohn zu wachen.
Wie tief Kenobi seine ehemaliges Ich vergraben hat, wird klar, als ihn ein flüchtender Jedi auf Tatooine ausmacht, der verzweifelt um seine Hilfe bittet. Während der Jedi-General in der Zeit der Klonkriege sofort zur Tat geschritten wäre, kann er jetzt nur resignieren. Der schutzsuchende Jedi muss weiterziehen und findet sich in den Händen der Inquisitoren wieder, die seit der Herrschaft des Imperiums Jagd auf die restlichen Jedi machen.
Die Dritte Schwester, Reva, hat es dabei aus unerklärlichen Gründen besonders auf Obi-Wan Kenobi abgesehen. Also heckt sie einen Plan aus, der ihn aus dem Exil bringen soll. Und der Köder soll dabei eine nicht unbekannte junge Prinzessin vom Planeten Alderaan sein. Ben sieht sich mit seiner alten Vergangenheit konfrontiert und muss ein letztes mal der Jedi-Meister sein, den er über all die Jahre so erfolgreich vertrieben hat. Nicht ahnend, dass seine Taten schon bald jenen Sith Lord wecken, den er einst seinen Bruder genannt hat.
Die ersten beiden Folgen von Obi-Wan Kenobi sind genau die Fortsetzung der Prequels, auf die ,,Star Wars“-Fans seit Jahrzehnten warten. Sie zeigen einen alternden Jedi-Master, der noch nicht ganz der mystische Einsiedler aus Episode IV, aber dennoch schon weit entfernt vom Helden der Klonkriege ist. Der Anschluss an das Finale aus Die Rache der Sith funktioniert nahtlos. Ob die Charakterisation von Kenobi auch genau so reibungslos Episode IV einleitet, muss allerdings am Ende der Serie bewertet werden. Dennoch sind schon jetzt Parallelen zu erkennen, die darüber hinaus auch an Luke aus Die Letzten Jedi erinnern.
Obi-Wans Geschichte ist eine tragische, die von Leid und Fehlern geplagt ist. Sein Exil auf Tatooine und der Schutz von Luke Skywalker seine Strafe, bis die Chance auf eine neue Hoffnung kommt. Bereits die ersten beiden Folgen spiegeln diesen Zustand hervorragend wider. Ewan McGregors, dessen Performance in den Prequels durchwegs positiv bewertet wurde, ist erneut die zentrale Kraft. Die kombinierte Vergangenheit der letzten 20 Jahre an ,,Star Wars“-Medien und McGregors Schauspielkunst, gestatten einen tiefen Blick in die verstümmelte Seele eines Protagonisten, wie es ihn im ,,Star Wars“-Franchise kein zweites mal gibt.
Mit dem Versprechen, dass schon bald Darth Vader (Hayden Christensen) höchstselbst ins Geschehen eingreift, tun sich indes weitere Möglichkeiten auf, Kenobis Innenleben noch drastischer aus den Bahnen zu werfen und den Mann zu formen, der uns in Eine neue Hoffnung begegnet.
Für den Plot der zweiten Folge der Serie, greifen die Macher allerdings auf einen Kniff zurück, der in den letzten Jahren des Franchise besonders viel Verwendung fand. Um den ehemaligen Jedi-Master aus dem Versteck zu locken, schmiedet die Inquisitorin Reva einen Plan, der die Entführung von Prinzessin Leia von Alderaan inkludiert. Was folgt ist erneut eine Vater/Kind-Beziehung, die Kenobi an seiner bisherigem Widerwillen, sich der Macht hinzugeben, zweifeln lässt.
Ein sturer, gefühlskarger Mentor, der auf ein kleines, schutzloses Wesen aufpassen muss? Mandalorian, bist du es? Auch wenn klar ist, was die Macher mit diesem Plotpunkt bezwecken wollten und auch größtenteils damit erfolgreich sind, ist es dennoch repetitiv. Fast schon ausgelutscht, weil es Madalorian so viel besser gemacht hat. Mit der aufbrausenden Inquisitorin Reva (Moses Ingram), die wohl eine geheime Verbindung zu Obi-Wan Kenobi hat, schenkt uns die Serie dennoch eine Bösewichtin, die schon jetzt überzeugen kann.
Die aufbrausende und willkürliche Inquisitorin erzeugt ein interessantes Spannungsfeld, sowohl innerhalb ihrer eigenen Organisation, als auch mit einer potentiellen Verbindung zum namensgebenden Jedi-Master. Neben einigen fragwürdigen Schnitt-Momenten, die den Plot unnötig zerteilen und einige Charaktere teilweise einfach aus Szenen verschwinden lassen, kann Deborah Chow in der Regie überzeugen. Als ,,Star Wars“-Serienveteranin führt sie die Regie der gesamten Serie, weshalb eine stimmige, kontinuierliche Vision garantiert ist. Selbst John Williams, Komponist aller Hauptfilme, kehrt für das musikalische Thema des Protagonisten zurück.
Als Komponist aller Episoden, schließt er damit eine Lücke, die er sich selbst geschaffen hat. Denn Obi-Wan Kenobi war bisher der einzige Charakter aus den originalen Filmen, dem er kein eigenes musikalische Thema spendiert hat. Ähnlich wie die Serie selbst, soll sein neuster Input jetzt das große Gesamtbild vervollständigen. Damit jener Charakter vertieft wird, der von Fans geliebt und von Kritikern gelobt wurde.