Forspoken ist das erste große RPG des Jahres. Doch kann es halten, was es verspricht? Das erfahrt ihr bei uns im Test:
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Je nachdem wer gefragt wird, hat man mit Forspoken entweder den ersten spannenden Playstation-Exklusivtitel, oder die erste Gaming-Enttäuschung des Jahres. Kaum ein anderes Spiel spaltet derzeit die Geister mehr. Die internationalen Reviews fallen denkbar gemischt aus. Doch ist das Spiel wirklich so „schlecht“ wie einige Kritiker sagen? Oder liefert Square Enix mit ihrer Version eines Fantasy-RPGs sogar tatsächlich eine Perle, die zum Kultklassiker aufsteigen könnte? Auch wenn wir uns eher in das Lager der „enttäuschten“ Tester setzen würde, kann das Potential des Rollenspiels nicht geleugnet werden. Was wir damit meinen, erfahrt ihr in unserer Spielekritik:
In Forspoken übernehmen die Spieler die Rolle der in New York lebenden Weisen, Frey Holland. Durch ein Leben ohne Führung gerät sie bereits in jungen Jahren auf die schiefe Bahn und lässt sich mit zwielichtigen Gestalten ein. Zu Beginn des Spiels finden wir sie daher auch bei einem ihrer kontinuierlichen Besuche vors Gericht, wo ihr der Prozess gemacht wird. Nach einem kurzen Intro – das sich dennoch viel zu lange anfühlt – kommt Frey in den Besitz eines magischen und sprechenden Armbands und wird in die fremde Welt Athia gezogen.
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Doch bereits kurz nach ihrer Ankunft muss die unfreiwillige Heldin feststellen, dass sie in keiner Märchenwelt gelandet ist. Die Reiche der Welt werden von einer mysteriösen Korruption bedroht, die alles vernichtet. Die Bewohner haben sich daher in die letzte verbliebene Stadt, Cipal, zurückgezogen. Zusammen mit ihrem magischen Band, Reiff, macht sich die Amerikanerin auf, die fremden Lande vor den tyrannischen Tantas, den mächtigen, magischen Herrscherinnen, zu befreien. In seiner bescheidenen Haupthandlung von knapp fünfzehn Stunden bekommen Spieler Rollenspiel-Standartkost vorgesetzt.
Eine unerfahrener Neuankömmling, der in eine fremde Welt gezogen wird und dort zur auserwählten Heldenfigur aufsteigen muss. Böse Magierinnen, die das Land und dessen Bewohner tyrannisch regieren und als Bosskämpfe herhalten. Und eine in mehrere Biome eingeteilte Welt, in denen korrumpierte Monstern wüten. Forspoken liefert Fantasy wie aus dem Lehrbuch. Genau so trocken und routiniert. Die Handlung des Spiels entwickelt sich kaum in spannende Richtungen, ist absehbar und bietet nur wenige wirklich einzigartige Momente.
Eines der Probleme hierbei ist die Protagonistin selbst. Im Spiel bekommen wir es mit einer traumatisierten Rebellin zu tun, die keinen anderen Weg, als mit dem Kopf durch die Wand, kennt. Immer mit einem (vermeidlich) lustigen Spruch auf den Lippen, soll sie zugleich charmant, wie auch nachvollziehbar wirken. Trotz einer guten Performance der Schauspielerin, leidet Frey jedoch an einem eher mauen Drehbuch, das ihr mal Marvel-ähnliche Wortwitze in den Mund legt, sie dann aber wiederum halbernste Streitgespräche mit ihrem Armband führen lässt. Sie nörgelt und quengelt bei nahezu jeder Tätigkeit und wird darin nur von ihrem Begleiter, dem Armband, übertroffen, das oftmals nicht minder nervtötend ist.
Forspoken verschenkt seine Chance, die spannende Geschichte einer missverstandenen Heldin zu erzählen, die im Laufe der Handlung zu sich selbst finden muss. Ihr ständiges Herumgestreite mit ihrem einzigen Begleiter, dem Band, ist dabei weniger charmant, als nervtötend. Ähnlich wie in God of War, hätte Reiff ein wortgewandter Unterstützer sein können, mit welchem man während seines Abenteuers zusammenwächst. Netterweiese bietet das Spiel die Möglichkeit, die Gespräche mit dem Armband im Optionsmenü herunterzuschrauben. Eine Funktion die wohl leichter einzubauen war, als einen komplexen Charakter zu schreiben, dem man gerne zuhört.
Neben der unsympathischen Heldin, leidet das Spiel unter massiven Pacing-Problemen, die die Story stark ins Stocken bringen. Am ärgerlichsten fällt dies bereits zu Beginn des Spiels auf. Nach einem kurzen Prolog, wechselt das Geschehen in die Welt von Athia, wo wir uns im restlichen Spiel aufhalten. Doch bevor wir wirklich in die durchaus hübsch gestaltete Welt aufbrechen können, vergeht einige Zeit voller statischer Zwischensequenzen und kurzer Gameplaymomente. Besonders zu Beginn entstehen so ärgerliche Lücken, in denen wir nur kurz den Controller in die Hand nehmen dürfen. Die Story leider besonders darunter, da so kaum Spannung entstehen kann.
Das Spiel hat dabei die schlechte Angewohnheit kurze Sequenzen spielbar zu machen, nur um dann die nächste Zwischensequenz zu starten. Es passiert ständig, dass wir Frey fünf ingame Meter steuern, oder sie von A nach B „schleichen“ lassen, nur um uns hinterher fragen zu müssen, warum das nicht auch gleich alles als Zwischensequenz gegangen wäre? Das Gameplay verliert so stark an Tempo. Sobald wir dann die Spielwelt eigenständig bereisen dürfen, verbessert sich das zwar, bis dahin vergehen aber einige Stunden.
Der erste Hoffnungsschimmer zeigt sich, wenn wir endlich eigenständig die Welt bereisen dürfen. Auch wenn die Missionen, die wir dort finden alles andere als bemerkenswert ausfallen. Forspoken reiht sich als neuster Eintrag in die Liste der riesigen Spielwelten ein, denen „weniger“ gutgetan hätte. Die Aufgaben, die die gesamte Game-Map füllen, sind reine Beschäftigungstherapie, während der man genau so gut im Hintergrund einen Podcast hören kann. Auch wenn das Fortbewegen dank Freys toll animierter magischer Fähigkeiten durchaus spaß macht, gibt es am Zielort oft nichts, für das sich die Reise lohnt. Wir erkunden Dungeons, befreien Festungen und verdienen Fähigkeitspunkte.
Nach dem Befreiungsschlag eines festgefahrenen Genres durch das Open-World-Meisterwerk Elden Ring, fühlen sich Forspokens Open-World-Aufgaben wieder mehr wie Arbeit als tatsächlich lohnendes Erkunden an. Und das ist durchaus schade. Denn die Spielwelt und Monsterdesigns sind durchwegs schön anzusehen, auch wenn die Welt an sich leer und verlassen wirkt. Anders verhält es sich in den Kämpfen, wo das RPG punkten kann.
Frey erlernt im Laufe der Handlung zahlreiche Zaubersprüche, die ihr in den Kämpfen dienen. Ob ein feuriges Schwert für den Nahkampf. Oder Felsbrocken, die wie Geschosse auf Gegner losrasen. Forspoken lässt Frey zur Herrin der Elemente werden. Das Spiel setzt hier auf dynamische Kämpfe, in denen man sich viel bewegen muss. Frey zielt dabei größtenteils automatisch auf Gegner, die mit aktiven und passiven Fähigkeiten und spektakulären Animationen beschossen werden. Oftmals glänzt der gesamte Bildschirm, wenn besonders schwere Gegner erscheinen. Die Fähigkeiten fühlen sich dabei alle größtenteils unterschiedlich an und bieten viele wechselbare Möglichkeiten.
In Sachen Optimierung liefert das Game hingegen viele Möglichkeiten. Standartmäßig für die PS5 lässt sich zwischen einem Qualitätsmodus, einem Performance-Modus und einem Ray-Tracing-Modus wechseln. Hier empfehlen wir den flüssiger laufenden Performance-Modus, wodurch die Kämpfe noch dynamischer wirken. Darüber hinaus lässt uns das Spiel zwischen diversen Schwierigkeitsgraden, sowie Untertiteloptionen wählen. Praktisch finden wir neben der Häufigkeit der Bemerkungen, auch eine Option des Spiels, bei der Gegenstände von Frey automatisch eingesammelt werden. Warum jene Möglichkeit aber nicht generell als Standarteinstellung gewählt wurde, ist nicht nachvollziehbar.
Mit Forspoken hat sich Square Enix zu viel vorgenommen. Sie wollten eine ambitionierte Geschichte erzählen, die aber größtenteils auf Fantasy-Stereotypen und stockendes Storytelling zurückgreift. Mit Frey Holland wollte sie eine taffe, junge Heldin liefern, wie wir es mit Aloy aus Horizon und Ellie aus The Last of Us mittlerweile gewohnt sind. Doch aufgrund tonaler Unstimmigkeiten und nerviger Eigenschafften, wirkt Frey eher nervig als bemerkenswert. Das Kampfsystem und die schöne (aber leere) Welt sind die einzigen Lichtblicke.
Es macht spaß mächtige Zauber gegen Gegner zu verwenden und mit magischem Parkour durch die Spielwelt zu flitzen. Altbackenes Open-World-Design erinnert uns hingegen an jeder Ecke daran, dass Spielwelten 2023 eigentlich mehr zu bieten haben könnten. Einfache Checkbox-Aufgaben reichen in einer Gaminglandschaft nach Elden Ring und Legend of Zelda: Breath of the Wild schlicht nicht mehr aus. Auch wenn man mit Forspoken durchaus seinen Spaß haben kann, hat das Spiel zu viele Schwächen, die für viele Spieler wohl kaum zu ignorieren sind.
Square Enix hat uns einen Review-Code für Forspoken zur Verfügung gestellt.