Anne with an E – (Netflix) Serien Kritik

Eine Geschichte von Menschlichkeit, Liebe und Leben in allen Facetten. Mit Schauspiel dass unter die Haut geht.

Anne Cordelia Shirley-Cuthbert (Amybeth McNulty), Anne With an E © Netflix

Wer schreibt hier?

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein etwas Anderes Review zwischen all der Action
  • Kino und Serien erleben Entschleunigung
  • Eine junge Schauspielerin mit mehr Talent als halb Hollywood

Aktuell wird unsere Kino und Fernsehwelt dominiert von Star Wars, Marvel und Actionhelden. Ab und zu kommen Dramen, Historienfilme oder auch Horror-Streifen die das Schema durchbrechen. Und genau aus diesem Grund entschied ich mich diese Review einer Serie zu widmen, die viel mehr mit Herz und Menschlichkeit arbeitet und es verdient hat gesehen zu werden. Ich spreche von der (2019 abgeschlossenen) Netflix Serie Anne with an E.

Matthew (R.H. Thompson) und Marilla Cuthbert, (Geraldine James) Anne with an E © Netflix

Matthew (R.H. Thompson) und Marilla Cuthbert, (Geraldine James) Anne with an E © Netflix

Anne with an E – Die Story (Buchvorlage: Anne auf Green Gables)

Die kleine Anne Shirley ist ein Waisenkind dass an einer Zugstation darauf wartet, von ihren neuen Paten abgeholt zu werden. Wobei Paten zu diesen historischen Zeiten, welche in der Serie gezeigt werden, der falsche Begriff ist. Denn das Geschwister Paar Matthew und Marilla Cuthbert hat dieses Kind bestellt per Nachricht. Sie orderten bei einem Waisenhaus einen Jungen, welcher ihnen auf dem Landgut der Cuthberts, Green Gables, zur Hand gehen soll.

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Nun sitzt da nicht nur ein Mädchen anstelle eines Jungen, sondern auch noch eines mit der blühendsten und wunderschönsten Fantasie. Sie sprüht nicht nur vor farbenprächtigen Gedanken, sondern ist auch für ihr Alter unglaublich belesen und Wortgewandt. Das wohl klügste aber, wie sich bald herausstellen soll, auch sturste Waisenkind weit und breit. Und sie stellt sich vor als „Anne with an E“. Denn Rechtschreibung muss sein.

Angekommen in Green Gables voller Vorfreude wird Anne jedoch zum ersten Mal damit konfrontiert, dass die Cuthberts gar kein Mädchen wollten. Und schon gar nicht eines dass gar nicht aufhört zu reden. Eine harte Realität welche die kleine Anne bereits ihr ganzes Leben lang begleitet. Aber sie hat nicht vor kampflos aufzugeben und sich den Platz in den Herzen von Mathew und Marilla zu verdienen.

Mathew und Stallbursche Jerry (Aymeric Jett Montaz), Anne With an E © Netflix

Mathew und Stallbursche Jerry (Aymeric Jett Montaz), Anne With an E © Netflix

Anne with an E – Historisches Setting und Themen

Wie man anhand der Szenenbilder unschwer erkennen kann, spielt Anne with an E in einem ganz anderen Jahrhundert. Und Schauplatz der Serie ist Kanada. Genau genommen spielt es auf Prince Edward Island nördlich von Nova Scotia. Laut einer kleinen Recherche meinerseits, basiert die Serie zwar auf einem Buch. Aber dieses Buch wurde tatsächlich inspiriert von einer wahren Geschichte eines kanadischen Paares, dem genau diese Verwechslung bei der Adoption passiert ist.

Die Themen in der Serie sind dem Zeitalter entsprechend. Es geht um das wahre Leben, um alltägliches, Stürme, Feuer und auch die Sehnsucht nach familiärer Liebe eines heranwachsenden Mädchens, dass zuvor keine Liebe kannte. Von Kinderarbeit, körperlicher Züchtigung und auch seelischer Grausamkeit. Bis hin zu den wundervollen Dingen des neuen Lebens. Freundschaften, der ersten großen Liebe und dem wachsenden Zusammenhalt der Cuthberts und ihrer nun Ziehtochter Anne.

Es ist ein Moment der puren und ehrlichen Liebe und auch Tränen die ich mir nicht verkneifen kann, als Matthew Cuthbert trotz seiner sonst eher schweigsamen Natur, erstmals sagt „She´s my daughter…“.

Schulpause mit Freunden, Anne with an E © Netflix

Schulpause mit Freunden, Anne with an E © Netflix

Entschleunigte Szenen und Raum für Gefühle

Warum ich beschloss dieser Serie von 2017 (2019 abgeschlossen) ein Review zu widmen, ist die wirklich herausragende Bildsprache. Die Szenen können hier richtig „atmen“. Das ist etwas, dass man in anderen aktuellen Produktionen komplett vermisst. Der Szenenschnitt ist sehr hektisch und kurz angebunden um ja das Tempo und die Action jedes Moments zu laden. Denn je schneller der Schnitt umso mehr Energie bekommt diese Szene. Leider wird das auch in Momenten gemacht, in denen Ruhe herrschen sollte.

Bei Anne with an E wird diese Ruhe deutlich spürbar. Sei es nun in Augenblicken wo außer Kerzenlicht und einer beklemmenden Stille, Nichts den Raum füllt. Oder in einer Szene in der Matthew Cuthbert (gespielt von R.H. Thompson) nicht mit Worten sondern reiner Mimik den Moment beherrscht. Es ist Zeit dafür da. Die Serie gibt den Zusehern auch die Zeit um diese Emotionen mit zu fühlen. Egal ob es Annes überschwängliche Freude ist oder ein Zwischenfall der einem die Tränen in die Augen treibt. Für jedes Gefühl ist Platz und Zeit.

Sebastian "Bash" Lacriox (Dalmar Abuzeid), Anne with an E © Netflix

Sebastian „Bash“ Lacriox (Dalmar Abuzeid), Anne with an E © Netflix

Amybeth McNulty mit 16 Jahren schon Schauspiel-Elite

Die Hauptdarstellerin Amybeth McNulty ist zur ersten Staffel Anne with an E gerade 16 Jahre alt. Und doch schafft es diese junge Frau eine Masse an Dialog, oder besser gesagt Monolog, zu liefern. Gefüllt mit so viel Emotionen die von blankem Entsetzen bis hin zu der puren Freude eines fantasievollen Kindes reichen. Es ist ein wahres Vergnügen dieser Schauspielerin dabei zuzusehen, wie sie selbst erwachsene erfahrene Schauspieler an die Wand spielt. Ihre Karriere werde ich definitiv weiter verfolgen. Demnächst wird sie in Staffel 4 von Stranger Things zu sehen sein.

Generell wird die Serie hauptsächlich von Kindern und sehr wenigen erwachsenen Hauptfiguren wie den Cuthberts und Familienfreunden getragen. Und jede einzelne Figur wird so absolut glaubwürdig und spürbar verkörpert. Man fühlt wie Marilla mehr und mehr ihrer Rolle als Mutter Platz in ihrem Herz einräumt. Matthew zu einem liebenden Vater wird der für seine Anne auch schon mal sein Schweigen bricht. Aber auch wie ringsherum um Anne sich jeder von ihrer Fantasie und auch Überzeugung fesseln lässt.

Die zwischenmenschlichen Momente leben und Atmen von diesen grandiosen Schauspieler:innen. Abgesehen von Geraldine James (Marilla Cuthbert) welche ich als Mrs. Hudson in Sherlock sah, war mir der gesamte Cast unbekannt. Aber diese Menschen haben der Serie eine Seele verliehen die man in jeder Szene spüren konnte. Und von dieser Seele hab ich mich durch und durch mitreißen lassen.

Gilbert Blythe (Lucas Jade Zumann), Anne with an E © Netflix

Gilbert Blythe (Lucas Jade Zumann), Anne with an E © Netflix

Fazit zu Anne with an E

Diese Serie bekommt von mir eine glatte 10 von 10, weil sie dieses Ranking aus meiner Sicht absolut verdient hat. Aber ich kann euch sagen, dass dies eine emotionale und keine objektive Bewertung ist. Anne with an E ist eine unglaublich schöne Geschichte die von großartigen Schauspieler:innen zum Leben erweckt wurde. Es ist nicht die erste Verfilmung dieses Buchs aber es ist jene die ich gesehen habe und die mir ins Herz fuhr. Unter die Haut, ins Herz und in die ganze Bandbreite meiner Gefühle. Und genau deswegen widme ich dieses Review auch der Serie selbst. Meine Meinung wird bestimmt nicht Jede:r da draußen Teilen, aber es ist mir ein anliegen dass auch mal Gefühle eine 10 Sterne Wertung bekommen. Nicht weil ich Star Wars oder Marvel nicht mehr feiere. Sondern weil beides ein Teil von mir sind. Wenn ihr also, so wie ich, gerne mit vollen Emotionen in Figuren und Serien involviert seid. Dann geht auf Netflix und sehr der kleinen Anne Shiley-Cuthbert zu, wie sie aus Kirschblüten und kahlen Ästen ein Königreich der Frühlingsgötter und bösen Geister erschafft. Ich habe mit ihr gelacht und geweint. Vor Freude und vor Trauer. Ein Goldstück der Serienwelt.

ReviewWertung

10SCORE

Ich widme dieses Review der Serie weil sie es verdient hat gesehen zu werden. In einer Welt des Hollywood Boom Bomm ist Anne with an E der Platz wo man sich Zeit nimmt zu weinen. Und das habe ich oft.