The Outer Worlds 2 im Test: Eine Konkurrenz für Fallout
Unser ausführlicher DailyGame-Test zum kürzlich veröffentlichten The Outer Worlds 2 aus dem Hause Obsidian.
Tim RantzauTim ist seit seiner Kindheit leidenschaftlicher Nintendo-Fan und hat seine Begeisterung für Spiele mit einem Studium in Game Design vertieft. Beruflich arbeitet er an der Konzeption von Videospielen und kennt dadurch die Branche nicht nur von außen, sondern auch von innen. Seine größte Leidenschaft gilt jedoch dem Spiele-Journalismus, in dem er Trends einordnet, Hintergründe erklärt und mit viel Erfahrung über neue Entwicklungen berichtet.
The Outer Worlds 2 ist genau das, was sich Fans vom Nachfolger des gefeierten Sci-Fi-Rollenspiels von Obsidian Entertainment erhofft haben: größer, komplexer und noch tiefgründiger in seinen RPG-Mechaniken, während es den unverkennbaren, scharfzüngigen und zynischen Humor beibehält. Anstatt uns in das altbekannte Halcyon-System zurückzuschicken, navigieren wir als neuer Protagonist, der ominöse „Commander“, durch das bisher ungesehene Arcadia-System, die Heimat der revolutionären Sprungantriebs-Technologie.
Die Prämisse bleibt der Kern des Spiels: Eine übertriebene, nihilistische Dystopie, in der der Kapitalismus bis zur absurd überzogenen Spitze getrieben wurde und Konzerne jede Facette des Lebens beherrschen. Doch während der erste Teil noch den Geist von Fallout in einem neuen, bunten Gewand einfing, findet The Outer Worlds 2 seine eigene, selbstbewusstere Stimme. Das Spiel ist eine Samstagmorgen-Cartoon-Version einer politischen Intrige, in der man gezwungen ist, moralisch perilöse Entscheidungen zwischen noch fehlerhafteren Fraktionen zu treffen.
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Intrige statt Apokalypse
Die Handlung von The Outer Worlds 2 legt den Fokus stärker auf politische Ränkespiele und moralische Konflikte. Es geht nicht nur darum, die Kolonie zu retten, sondern zu entscheiden, wer die Kontrolle verdient – eine Entscheidung, die in diesem Universum, in dem jeder Leader und jede Fraktion zutiefst korrumpiert ist, nie leichtfällt.
Obwohl einige Kritiker die Hauptgeschichte als etwas zu wortreich, gelegentlich vorhersehbar empfanden, liegen die eigentlichen Stärken im Worldbuilding und den Nebenquests. Die Erzählung nimmt sich Zeit, um in Fahrt zu kommen und konzentriert sich erst in der zweiten Hälfte intensiv auf den politischen Kampf. Bietet dann aber einige der coolsten und zufriedenstellendsten moralischen Dilemmata, die ich seit Langem in einem RPG gesehen habe.
Die Satire ist – ganz im Stile von Obsidian – nicht subtil. Sie ist laut, ironisch und zynisch, zielt aber mit einer bewussten Ehrlichkeit auf die Zielscheibe des ungezügelten Kapitalismus. Besonders amüsant ist die Meta-Ebene, die Obsidian beweist, indem es Käufer der teuren Premium Edition mit einer speziellen „Schwäche“ namens „Consumerism“ verspottet.
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Rollenspiel par excellence
Obsidian hat sein Mantra „Spiel, wie du willst“ in die DNA von The Outer Worlds 2 eingebrannt. Die Rollenspiel-Freiheit, die den Vorgänger auszeichnete, wurde in jeder Hinsicht vertieft.
Während das Kampfsystem im ersten Teil gerade noch als passabel durchgehen mochte, hat es im Nachfolger ein echtes und deutliches Upgrade erhalten. Das Gunplay fühlt sich nun spürbar flüssiger, schneller und knackiger an. Die verbesserte Mobilität, angetrieben durch neue Mechaniken wie Sliding und den durch die PALE-Stiefel freischaltbaren Doppelsprung, verleiht den Feuergefechten eine ganz neue Dynamik.
Vollendet wird dieses rundum verbesserte Kampferlebnis durch ein stark erweitertes und vielfältiges Arsenal, das perfekt auf den herrlich albernen Stil des Spiels zugeschnitten ist. Die einzige nennenswerte Enttäuschung im Kampfbereich ist die geringe Gegnervielfalt im Verlauf des Spiels.
Die Macht der Wahl
The Outer Worlds 2 nimmt die Wurzeln des „Crunchy“ RPG ernst und zeigt, dass die Türen, die du öffnest oder schließt, echte, spürbare Konsequenzen für die Geschichte und das Gameplay haben.
Spielerische Freiheit wird durch ein tiefes System aus Fähigkeiten, Perks und Macken/Schwächen (Flaws) gewährleistet, die den Charakter und die möglichen Lösungsansätze für Quests maßgeblich formen. Das innovative System der Macken kehrt zurück. Durch das Wiederholen bestimmter Aktionen werden negative Perks freigeschaltet, die im Austausch für einen positiven Perk angenommen werden können. Dies sorgt nicht nur für humorvolle Hindernisse, sondern verändert die Art und Weise, wie man spielt, fundamental.
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Die Nebenquests, die oft nahtlos in die Hauptgeschichte übergehen, sind ein Highlight. Sie reichen von völlig überdreht bis hin zu aufrichtig und verschmelzen mit dem Hauptziel des Helden. Mit über 100 Stunden Spielzeit für alle Fraktionen, alternativen Entscheidungen und Enden, wurde der Wiederspielwert bewusst sehr hoch gehalten. Ein Durchgang alleine reicht nicht aus, um alles zu erleben.
Ein treuer Begleiter
Die Crew von Begleitern ist, wie bereits im ersten Teil, das emotionale Herzstück des Spiels. Obwohl sie sich thematisch in Heiler, Fernkämpfer und Nahkämpfer unterteilen lassen, sind sie sympathisch und einprägsam. Ihre mehrteiligen Begleiter-Quests dienen nicht nur dazu, ihre Effektivität im Kampf zu steigern, sondern vor allem dazu, die Galaxie zu bereichern und dem Spieler unterschiedliche Perspektiven auf die Ereignisse zu geben.
Die Begleiter sind thematisch oft mit den verschiedenen Organisationen des Arcadia-Systems verbunden, was das Worldbuilding ungemein vertieft.
Lebendiger Stil mit Einschränkungen
Obsidian wählte für The Outer Worlds 2 einen neuen Teil der Galaxie, das Arcadia-System, was neue Planeten und eine lebendigere, buntere Ästhetik ermöglicht, die im Kontrast zur pessimistischen Zukunftsvision steht. Das Spiel ist Obsidians bisher hübschestes Spiel und überzeugt durch seine kontrastreichen Farben.
Die neuen Planeten sind in anständig große Hub-Areale unterteilt und fühlen sich kuratiert und voller Sinnhaftigkeit an. Die farbenfrohen künstlerischen Entscheidungen lassen die Galaxie lebendig erscheinen. Das erste Biom, „Paradise Island“, finde ich besonders offen und detailliert. Obwohl das Spiel die Unreal Engine 5 nutzt, ist es keine reine Grafikbombe. Einige Innenbereiche wirken steril und schnell zusammengestellt, und die Poly-Counts sind niedrig. Vor allem die Gesichts- und NPC-Animationen sind teilweise echt schrecklich.
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Neu ist die Möglichkeit, das gesamte Spiel in einer Third-Person-Schulterperspektive zu spielen. Dies erlaubt es den Spielern, ihren erstellten Charakter in seiner vollen Pracht zu sehen.
Ebenfalls hervorzuheben sind die umfangreichen Optionen zur Barrierefreiheit, darunter vier Schwierigkeitsgrade (der Überlebensmodus „Supernova“ fehlt zum Release), anpassbare Zielhilfe und detaillierte Einstellungsmöglichkeiten für Untertitel (Größe, Farbe, Konturen).
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Fazit zu The Outerworlds 2 im Test
The Outer Worlds 2 ist eine signifikante Verbesserung gegenüber dem Original und ein must-play Action-RPG für Liebhaber von tiefgründigen Rollenspiel-Systemen und schwarzem Humor.
Es mag nicht das große revolutionäre „New Vegas im Weltraum“ sein, und es hat technische Unzulänglichkeiten (vor allem bei den Animationen), aber es nutzt das bewährte RPG-Gerüst, um ein reflexives, detailreiches und unglaublich unterhaltsames Abenteuer zu schaffen. Die Stärken liegen in der RPG-Freiheit, den folgenreichen Entscheidungen, dem verbesserten Kampf und den unvergesslichen Begleitern.
Obsidian hat eine Welt geschaffen, in der jede Entscheidung zählt und man gezwungen ist, seine eigene Moral in einer zynischen, korporatistischen Hölle zu hinterfragen. Wenn du den satirischen Ton des Vorgängers mochtest und dich nach einem großen, inhaltlich dichten RPG sehnst, das deine spielerischen Entscheidungen respektiert, dann wirst du in Arcadia eine triumphale zweite Heimat finden.
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Test-System: Intel Core i7-13700KF, NVIDIA Geforce RTX 4080, 32 GB DDR5
Obsidian Entertainment liefert mit The Outer Worlds 2 eine in jeder Hinsicht verbesserte und erweiterte Fortsetzung, die mit exzellentem Writing und tiefgreifenden Entscheidungen überzeugt.
- Grafik8Visuell deutlich verbessert und Obsidians bisher schönstes Spiel mit satten, kontrastreichen Farben.
- Sound8Der Soundtrack ist atmosphärisch und unterstützt das Retro-Sci-Fi-Setting hervorragend.
- Gameplay9Hervorragendes RPG-Design mit massivem Fokus auf Charakterentwicklung und Konsequenzen.
- Story9Eine tiefgründige, politische Satire, die im späteren Verlauf komplex wird.
- Motivation9Hoher Wiederspielwert durch das Makel-System und die Notwendigkeit zur Spezialisierung.
- Steuerung8Das Schießen ist nun präziser und die Steuerung flüssiger.
