Gamelit – Helden in 2D

Literatur mit Eigenwert

DailyGame.at

Spiele erzählen Geschichte und erschaffen Welten, und das bereits seit eine gut organisierte Phalanx außerirdischer Invasoren auf die Erde downscrollte oder ein schnauzbärtiger Klempner sein Helfersyndrom auslebte. Vielen Spielen dienten berühmte Filme und Bücher als Inspiration. Umgekehrt regten sie selbst die Fantasie zahlloser Geschichtenerzähler und Autor*innen in anderen Medien an. Doch vorbei sind die Zeiten, in denen Comics oder Fan-Fiction dazu dienten, die Wartezeit bis zum nächsten Release zu überbrücken oder seine Spielewelt dorthin mitzunehmen, wo die Heimkonsole nicht mitkonnte. Gamelit ist mittlerweile viel mehr.

Literatur für Gamer, Gamelit oder Lit-RPG?

Literatur für Gamer ist der Oberbegriff, der vom Sachbuch über Autobiografien bis zur Fan-Fiction alles einschließt, was von Games und Gamer*innen, ihrer Geschichte und ihrem Leben erzählt. Wie audible Gamelit beschreibt, ist es fiktionale Literatur und changiert meist zwischen Thriller, Science-Fiction und Fantasy. Oft geht das Genre über spannende Unterhaltung hinaus und reflektiert das komplexe Verhältnis von virtueller Welt und Realität sowie von Einbildungskraft und Wahnsinn wie zum Beispiel in den Thrillern von Karl Olsberg. Andere Genrevertreter wie Ready Player One setzen sich mit den Wechselwirkungen von Spiel und Leben anhand fiktionaler Gamerbiografien auseinander. Die sogenannte Lit-RPG spielt hingegen im Universum bekannter Rollenspielreihen oder MMORPGs wie die beliebte Word-of-Warcraft-Buchreihe.

Warhammer 40k – Vom Brettspiel zum Universum

Ein besonderer Fall ist Warhammer 40k, das als Tabletop startete. Die Videospiele und die Lit RPG-Reihe kamen nachträglich dazu. Es waren aber vor allem letztere Medien, die das actionzentrierte Strategiespiel zu einer literarischen Welt ausbauten. Die bekannten Bücher Dan Abnetts erschufen ein medienübergreifendes Warhammer-Universum, dass sich weder vor Dune noch vor Star Wars verstecken muss.

Survival Quest – Gefangen im Spiel

Die weltweit erfolgreiche Survival Quest-Buchreihe wurde von Autor Vasily Mahanenko ins Leben gerufen, ein Beispiel dafür, dass der Gamelit-Boom neben den USA vor allem in Russland seinen Anfang nahm. Unter russischen Lesern ist die Verwischung der Grenzen von Spiel und Realität ein überaus beliebtes Genremotiv. Survival Quest bietet mit seiner Geschichte um Daniel Mahan alias Der Schamane genau das.

Assassins Creed – Games als Historienroman

Man braucht keinem Anhänger der Assassins-Creed-Reihe zu erklären, wie vielfältig und akribisch die historischen Hintergrundszenarien der Games ausgearbeitet sind. Die Buchreihe von Autor Oliver Bowden klappert diese Schauplätze nacheinander ab, überschreitet Grenzen aber auch, denn dafür ist der Medienunterschied zwischen Spiel und Roman ja da.

+

Falls es einen Beweis braucht, dass auch Autorinnen Gamelit-Besteller verfassen, dann liefert ihn Erebos mit tödlicher Präzision. Die Geschichte um den jugendlichen Schüler Nick, dessen Spielerkarriere sein reales Leben zu zerstören droht, ist mittlerweile mit einem Sequel bedacht worden. Auch zehn Jahre nach der Erstveröffentlichung verspricht der erste Band zeitgemäße Coming-of-Age-Literatur.

Die Eisraben – Das Spiel übernimmt die Kontrolle

In den Eisraben-Chroniken geht es um die Rollenspielwelt Vorena, die ihre Spieler aufsaugt und die Grenzen zur Realität in Frage stellt. Die Sage um die Protagonistin Alexandra McInnes besteht mittlerweile aus drei Bänden, die es allesamt in die renommierte Spiegel-Bestsellerliste geschafft haben. Obwohl der Autor Richard Schwartz in klassischer Fantasy-Manier seine eigene Welt entwickelt, sind die zahlreichen Anspielungen und Referenzen auf bekannte Rollenspiele bei den Fans der Reihe besonders beliebt.

Eine erfolgreiche Symbiose

Literatur für Gamer ist schon lange kein Nischenphänomen mehr. Die Menge der Gamer*innen, die regelmäßig zwischen Bildschirm und Buch wechselt ist groß und die Gewinne, die beide Medien daraus ziehen können ebenso. Literatur hat bekanntlich eigene Stärken, sie kann sie sich in einer Weise dem Innenleben ihrer Figuren widmen, wie es kein audiovisuelles Medium vermag. Auch können Romane sich viel Zeit lassen und schillernde Welten bis ins Detail ausbauen. Es braucht keine Prophetin, um den weiteren Weg des Genres in den literarischen Mainstream vorauszusagen.

In Partnerschaft mit audible.