The Chant (PS5) – Game Review

The Chant schafft leider nicht mehr als nur ein kurzer Horror-Zeitvertreib zu sein. Auch wenn gerade der Horror zu kurz kommt.

Wer schreibt hier?

Das Wichtigste in Kürze

  • Originelles Setting
  • Flache Story, die man sich selbst suchen muss
  • Einfaches Kampfsystem, das schnell langweilig wird

Das Spielejahr blieb bislang hinter den Erwartungen zurück. Fast wöchentlich erreichen uns Nachrichten über große Spiele-Blockbuster, die auf das nächste Jahr verschoben wurden. Der Gaming-Herbst, in dem für gewöhnlich die meisten Spiele erscheinen, ist ein Flickenteppich. Was übrig bleibt ist eine Reihe kleinerer Spiele von Indie-Entwicklern, die ohne dem Druck großer Marken den Markt für sich alleine haben. Ob das Horrorspiel The Chant sich hier behaupten kann, oder auf der Strecke bleibt, erfahrt ihr bei uns im Test:

Die Prismen-Areale sind optisch aufregend (c) Brass Token, Prime Matter

Kurzurlaub aus der Hölle

The Chant wirft die Spieler zu Beginn des Spiels nicht etwa in eine dystopische Zombie-Welt oder ein von Geistern heimgesuchtes Spukhaus, sondern in ein meditatives Influencer-Paradies in Kanada. Während für viele Menschen Räucherstäbchen schwingende, Dreiecksenergie beziehende Yogis sicherlich eine eigene Form der Hölle darstellen, tritt die Protagonist zu Beginn des Spiels eine Reise ins eigene Ich an. Nach dem Tod ihrer Schwester, fühlt die junge Jess sich von Visionen geplagt und hofft in der abgelegenen Entspannungswelt, in der ihre Freundin arbeitet, endlich abschalten zu können.

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Die Bewohner des Ressorts, die in prismenförmigen Häusern leben, weiße Tuniken und glitzernde Steine um den Hals tragen muten von der ersten Sekunde wie ein Kult an. Doch in The Chant bekommen wir es mit einem ganz anderen Übel als wahnsinnig geworden Kultisten zu tun. Jedenfalls größtenteils. Denn kaum hat sich Jess ein erstes Bild von dem Ressort und dessen Mitgliedern gemacht, wird auch schon ihre Freundin von einer düsteren Macht besessen und Wesen mit böser Energie erscheinen. Jess hatte sich gewünscht die böse Energie aus ihrem Leben zu verbannen. Dass sie es wortwörtlich machen muss, hätte sie wohl nicht gedacht.

Das Kampfsystem ist simpel und recht schnell eintönig (c) Brass Token, Prime Matter

Mit Räucherstäbchen gegen böse Geister

In den gut 7 Stunden Spielzeit gilt es für Jess nun ein Mitglied des Prismen-Kults nach dem anderen aus den Fängen der bösen Energie zu befreien. In linearen Abschnitten verschlägt es die Spieler dabei über das gesamte Ressort zu unterschiedlichen Locations wie einer Bergmine, einem Gewächshaus oder auch einem Leichtturm. Jess sammelt dabei im Laufe des Spiels immer mehr Prismen, die ihr das Voranschreiten in weitere, farbliche getrennte Abschnitte ermöglichen. Überall auf der Insel sind nämlich Areale verstreut, in denen die böse Energie lauert. Nur mit dem richtigen Kristall, könnt ihr auch hindurch.

Die Echtzeit-Übergängen in jene Areal sind dabei schön gestaltet. So unterscheiden sie sich stark von der echten Spielumgebung. Während die reguläre Insel düster und teils verlassen ist, sind die Prismen-Abschnitte voller leuchtender Pilze, herumschwirrender Tierchen und gefährlichen Monstern. Neben Arenen für die zahlreichen Kämpfe im Spiel, dienen diese Areale oft auch als Austragungsort diverser Rätsel. Denn auch wenn sich The Chant als Horror-Spiel versteht, kommen jene Elemente in der kurzen Spieldauer oft zu kurz.

Neben leichten Jumpscares und grotesken Monstern, kommt durchwegs kaum echte Horrorstimmung auf. Dies liegt unter anderem an der actionlastigen Inszenierung des Spiels. Denn die Monster, die man im simplen Kampfsystem mit Räucherstäbchen und homöopathischen Tropfen besiegt, lauern nahezu hinter jeder Ecke. Eine Ressourcenknappheit und manch unbesiegbare Gegner, der einem ständig auf der Spur ist, sollen zwar für den nötigen Stressfaktor sorgen, der bleibt größtenteils hingegen oft aus. Die Kämpfe liefern größtenteils nicht die nötige Herausforderung, um tatsächlich Panik aufkommen zu lassen. Im Grunde kann jeder Gegner besiegt werden, ohne dass man zunächst abwägen muss, ob man nicht lieber seine Waffen und Munition sparen sollte und Wegrennen die bessere Entscheidung wäre.

The Chant erzählt seine Story durch die Umgebung (c) Brass Token, Prime Matter

Das Spiel verschenkt hier sein Potential. Denn das originelle Setting hätte mit einer ruhigeren Spielweise, die mehr auf Erkundung und weniger Action und Gegner gesetzt hätte, profitieren können. Denn das Setting ist eine der Stärken des Horror-Spiels. Auch wenn aufgrund der kurzen Spieldauer die meisten Charaktere blass und unbedeutend bleiben, liefert die Spielwelt zahlreiche Tagebucheinträge und Notizen, die ein stimmiges Bild von der Umgebung malen. In klassischer „Until Dawn“-Manier können wir als Jess Wandkommode öffnen, Kisten untersuchen und zahlreiche Notizen finden, die uns die Geschichte der Umgebung näher bringen. Denn schon bald stellt sich heraus, dass mehr hinter dem mysteriösen Guru und dem Prismenkult steckt, als zunächst angenommen.

The Chant schafft es dabei besonders gut durch Umgebungs-Storytelling eine Brücke zur Vergangenheit der Insel zu schlagen. Doch ähnlich wie die Nebencharaktere, die oftmals bereits wieder verschwunden sind, sobald sie das erste mal auftauchen, liefert die herkömmliche Story wenig Tiefe. Das Spiel setzt darauf, dass die Spieler die Insel so ausführlich wie möglich erkunden und die Handlung somit selbst erschließen. Auch wenn die Zwischensequenzen teilweise wirklich hübsch gestaltet sind, liefern sie nur wenig inhaltlichen Mehrwert. Das Ende, das wie bereits gesagt schon nach wenigen Stunden zu erreichen ist, kann indes wenigstens einige Antworten liefern. Wirklich stimmig ist es aber auch nicht, denn selbst für die Protagonistin Jess konnte während des Spieldurchgangs nur wenig Sympathie entwickelt werden.

Horror kommt leider zu knapp (c) Brass Token, Prime Matter

Fazit zu The Chant

The Chant liefert ein kurzweiliges actionlastiges Horror-Abenteuer im Stil eines Resident Evil 2. Doch während letzteres durch starke Charaktere und ständigem Stress überzeugen konnte, ist The Chant nicht ganz so erfolgreich. Das Setting ist zwar neu und entfaltet seine Wirkung durch ausführliches Erkunden der Spielwelt. Horror kommt aufgrund ständiger simpler Kämpfe und unterentwickelter Story jedoch nicht wirklich auf. Die Spielwelt ist zwar schön gestaltet und die Prismenübergänge (vor allem auf der PS5) überzeugend, die Story dümpelt aber größtenteils linear vor sich hin, ohne wirklich Spannung oder Empathie aufkommen zu lassen. Nach 7 Stunden ist dann alles vorbei, wodurch das Pacing größtenteils durchgehend abwechslungsreich bleibt. Mehr als ein simples Actionspiel für ein Wochenende schafft das Spiel allerdings nicht zu sein.

ReviewWertung

6SCORE

The Chant bietet schnelle Unterhaltung für Actionfans, denen Horrorspiele zu gruselig sind. Das originelle Setting kann jedoch nicht über eine flache Story und ein simples Kampfsystem hinwegtäuschen.

Detail-Wertung

Grafik

8

Sound

5

Gameplay

5

Story

4

Motivation

5

Steuerung

4